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Auftragsvergabe an Bauunternehmer durch Architektenvollmacht umfaßt?

Auch ohne ausdrückliche Vollmacht ist der Architekt durch den Bauherrn insoweit als bevollmächtigt anzusehen, als dies zur mangelfreien Errichtung des Bauwerks zwingend erforderlich ist.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 09.01.1997 - - 5 U 104/96 -; OLGR Düsseldorf 1997, 61)
Eine GmbH hatte eine Eigentumswohnanlage größeren Umfanges und Herstellungswertes errichten lassen. Die Erwerber wollten ihre Wohnungen beziehen. Allerdings hatte die Bauaufsichtsbehörde die Türen versiegeln lassen, weil Brüstungs- und Geländerhöhen nicht den Auflagen entsprachen. Der bauleitende Architekt vergab daraufhin - ohne hierzu ausdrücklich bevollmächtigt worden zu sein - einen Auftrag im Namen der GmbH im Werte von DM 8.000,-, die Brüstungen und Geländer entsprechend der Auflage zu erhöhen. Die GmbH verweigerte später eine Bezahlung des beauftragten Unternehmers und berief sich auf die fehlende Vertretungsmacht des Architekten.

Das Gericht entschied, daß eine ausreichende Vertretungsmacht des Architekten vorgelegen habe. Dieser sei zwar nicht ausdrücklich bevollmächtigt worden; der bauleitende Architekt sei aber mindestens insoweit als stillschweigend bevollmächtigt anzusehen, als dies zur mangelfreien (hier: auflagengerechten) Errichtung des Bauwerks erforderlich sei. Auch ohne besondere Vollmacht dürfe der Architekt im Namen des Bauherrn Aufträge kleineren Umfangs vergeben. Darüberhinaus hätte vorliegend der Architekt rasch handeln müssen, um mögliche Schadensersatzansprüche der Wohnungserwerber abzuwenden.
Hinweis
Wie gezeigt, wird dem Architekten in bestimmtem Umfang eine Vertretungsmacht auch ohne ausdrückliche Bevollmächtigung zugestanden. Trotzdem sollte der Architekt besser den Umfang seiner Bevollmächtigung mit dem Bauherrn schriftlich festlegen. Anderenfalls droht ihm eine Haftung beispielsweise für Zusatzaufträge, die nicht von einer stillschweigenden Vollmacht abgedeckt werden. Zur Rechtfertigung solcher Zusatzaufträge kann der Architekt dann auch nicht ohne weiteres auf die mögliche Notwendigkeit der Leistungen gem. § 2 Nr.8 II S.2 VOB/B verweisen. Empfehlenswert kann weiter sein, den Unternehmern von vorneherein den Umfang der erteilten Vollmacht mitzuteilen. Klauseln in Bauverträgen, die eine Beschränkung der Architektenvollmacht enthalten, sind wirksam.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck