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12.05.2006

One-Hit-Wonder?

Zum 60. Geburtstag von Daniel Libeskind – mit Kommentar


Daniel Libeskind wird heute, am 12. Mai 2006, sechzig Jahre alt. Libeskind, der 1946 in Lodz/Polen geboren und in Israel aufgewachsen ist, hat seinen Bürositz von Berlin nach New York verlegt, nachdem er nach seinem ersten Erfolg, dem Jüdischen Museum in Berlin, beim städtebaulichen Wettbewerb für den Wiederaufbau am Ground Zero in Lower Manhattan den ersten Preis gewonnen hatte und einen einmaligen Großauftrag nahen sah.

Seine Pläne für den Wiederaufbau New Yorks, die mindestens ebenso spektakuläre, symbolträchtige, emotionale und zeichenhafte Gebäude vorsahen wie der zerklüftete Blitz des Kreuzberger Museums, musste Libeskind zwischenzeitlich jedoch wieder einrollen.
Der „Freedom Tower“ als Ersatz für das zerstörte World Trade Center wird von David Childs gebaut. Libeskind bekam nicht einen einzigen Auftrag am Ground Zero. Die knallharte Ökonomie und amerikanische Pragmatik triumphierte über Libeskinds Gestaltwillen, wie er ehedem über seine Architekturkonkurrenz.

Kommentar der Redaktion

Daniel Libeskind ist ein Bilderbuchfall für ein „Opfer des eigenen Erfolgs“. Was in Berlin noch zu einer weltweit bewunderten Ikone des Dekonstruktivismus im Neuen Berlin geriet – mit einer gestalterischen Tiefe, die sich auch jedem Laien erschließt –, wirkte bei seinen Folgeaufträgen nur noch selbstreferenziell.

Seine zerbrochenen Formen und gestanzten Zinkfassaden in Berlin waren noch ein einmaliger Ausdruck etwas nahezu Unausdrückbaren, nämlich den Jahrhunderten schmerzvoller deutsch-jüdischer Geschichte, die im Holocaust, dem wohl dunkelsten Moment des 20. Jahrhunderts, gipfelte.

Später gerieten die immer wieder wiederholten Formen zur austauschbaren architektonischen Handschrift, die heute auf ein Wohnhochhaus in Sacramento und morgen auf ein Bürohochhaus in Warschau Cinncinati oder Toronto appliziert werden kann. Die Entwertung seines eigenen Gestaltkanons hat Libeskind selbst betrieben. Der Grundsatz „Was beim ersten Mal richtig war, kann doch beim zweiten Mal nicht falsch sein”, gilt in der Baukunst nicht.

Libeskind, einer der medienpräsentesten Architekten und sowohl als Person als auch als Entwerfer eloquent, droht nun zum Dekorateur zu werden.
Berlin kann froh sein: Die deutsche Hauptstadt ist Bauort des frühen Meisterwerks eines „One-Hit-Wonders“. Nichts deutet darauf hin, dass Libeskind das Niveau seines Jüdischen Museums in Berlin je wieder erreichen wird. Dafür ist er derzeit zu beschäftigt, einem Museum in Denver oder einem Einkaufszentrum in Bern seinen Stempel aufzudrücken.

Die langen Jahre vor seiner Blitzkarriere als Architekt, die Libeskind als Lehrer, Publizist und Theoretiker verbracht hatte, schienen in den Berliner Bau – und das kurz zuvor fertiggestellte Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück – gemündet zu haben, die für alle theoretischen Mühen entschädigen. Fast scheint es, als sei eine ähnliche intensive intellektuelle Klausur nötig, damit Libeskind abermals einen Meilenstein des Dekonstruktivismus schaffen kann. Die vielen kleinen Aufträge, die dem neuen Star in seiner neuen amerikanischen Wahlheimat zuflattern, halten ihn genau davon jedoch ab. Schade.

Ulf Meyer


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Libeskind am Ground Zero

Libeskind am Ground Zero


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