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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_UIA-Forum_zum_Thema_Konversion_und_Revitalisierung_11679.html

25.07.2002

Experimentelle Strategien

UIA-Forum zum Thema Konversion und Revitalisierung


Das Forum unter der Leitung von Architekturkritiker Gert Kähler am 24. Juli 2002 beschäftigte sich mit zwei großen Themen: Der Konversion von innerstädtischen Industriebrachen und dem Stadtumbau im Osten, der auf eine schrumpfende Bevölkerung reagiert.

Zur Einstimmung stellte Michael Vesper (Minister für Wohnen und Städtebau, NRW) die Ergebnisse der nach 10 Jahren abgeschlossenen "IBA Emscher Park" vor, was wohl vor allem für die internationalen Kongressteilnehmer gedacht war. Die Aufgabe sei, eine Erweiterung der Städte nach Innen, und neue Antworten auf die Frage zu finden, wer diese freigewordenen Areale nutzen könne. Sein Plädoyer für ein „Recht auf Schönheit“ und „Respekt vor der Geschichte“ klang zunächst etwas allgemein, zog sich jedoch als Grundgedanke auch bei den weiteren Referenten durch.

Den Masterplan für die Zeche Zollverein in Essen erläuterte Floris Alkemade (OMA, Rotterdam), der seinen im Vorfeld angekündigten Chef Rem Koolhaas mit einem präzisen und humorvollen Vortrag vertrat. Dabei ging es vor allem um Strategien, wie man das in die Liste des Weltkulturerbes eingetragene Areal vor einer Zukunft als „totes Monument“ bewahren könne. Der vor kurzem fertiggestellte Masterplan (BauNetz-Meldung) liefert daher neben einer räumlichen Gestaltung gleich eine ganze Studie zum Thema „Reprogramming“ mit, und schlägt vor, das Zechengelände in einen Gewerbepark der neuen Art zu transformieren, in dem Museumsnutzungen umgeben sind von damit verbundenen Gewerben (Designfirmen).

Der Berliner Architekt und Kritiker Phillip Oswalt zog die Aufmerksamkeit dann gen Osten, und präsentierte eine Studie, die er gemeinsam mit Klaus Overmeyer für das Bauhaus Dessau erarbeitet hat. Grundlage für die Beschäftigung mit dem Schrumpfen der Städte ist ein aktueller Wohnungsleerstand von 1,2 Millionen im Osten Deutschlands, was insgesamt einer entvölkerten Fläche in der Größe einer 2,3-Millionen-Einwohner-Stadt entspricht. Während Konversionsprojekte üblicherweise öffentlich und privat finanziert würden, seien für den dringend notwendigen Umbauprozess im Osten so gut wie keine Mittel vorhanden. Oswalt verglich das „Planungsmodell Schrumpfen“ daher mit einem Segelboot, das präzise und flexibel auf die vorhandenen Gegebenheiten reagieren müsse. In seiner eher abstrakt angelegten Studie stellte er eine Reihe von Werkzeugen vor, mit denen der Schrumpfungsprozess bewältigt werden könnte: Vom „Einfrieren“ leerstehender Gebäude über das „Extensivieren“ von vorhandenen Nutzungen lieferten sie ein Grundmanual, das auf Erweiterung und Umsetzung warte.

Im Anschluß daran machte Peter Mörtenböck (Wien) einen Ausflug in die Kulturgeschichte des öffentlichen Raumes: Sein Thema war das Begehren nach der „phantasmatischen“ Struktur der Veränderung. Er untersuchte, wie Identitäten an Orten konstruiert werden und die Bewohner dabei „neue urbane Subjektpraktiken“ entwickeln. Einprägsames Beispiel hierfür waren die Entwürfe des Londoner Architekturbüros Caruso St. John, die für den Stadteil Bankside ein neues Imagekonzept entwarfen, indem sie unter anderem den Namen Bankside in großen Lettern in Unterführungen, an Zäunen und Kaimauern aufbrachten.

Barbara Engel (BTU Cottbus) schloss die Runde mit einem konzentrierten Vortrag über die „blauen Städte“ der ehemaligen Sowjetunion, die zwischen 1955 und 1975 im Norden Sibireins entlang von neun Verkehrstraßen entstanden. Die Städte, allesamt Neugründungen, waren vor der Perestroika vielen Russen nicht bekannt – daher rührt der poetische Name, der mit unwirklich und traumhaft übersetzt werden kann. Einst Orte des Pioniergeistes, haben die Plattenbau-Städte heute ihre wirtschaftliche Bedeutung und mit dem Ende des Kommunismus auch ihre Leitbilder verloren. Zudem sind sie oft unvollendet, Brachen prägen ihre Zentren. Barbara Engel zeichnete jedoch kein sibirisches Horrorszenarium, sondern stellte den intensiv genutzten öffentlichen Raum und die große Indentifikation der Bewohner mit ihren Städten als Impulsgeber einer weiteren Entwicklung vor.


Zum Thema:

www.uia-berlin2002.de
BauNetz-Meldungen zum UIA-Kongress
BauNetz-Kalender zum UIA-Kongress


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