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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Neuer_Streit_um_Ground_Zero_in_New_York_-_mit_Kommentar_der_Redaktion_21031.html

16.08.2005

Wirksame Selbstzensur

Neuer Streit um Ground Zero in New York - mit Kommentar der Redaktion


Um das Bauprogramm am Ground Zero in New York gibt es neuen Streit. Am 11. August 2005 gab das Drawing Center, ein Museum in SoHo, das in das Freedom Center (siehe BauNetz-Meldung vom 23.5.2005 anlässlich der Planvorstellung) einziehen wollte, bekannt, dass es vorziehe, sich einen anderen Wirkungsort in Manhattan zu suchen. Damit bricht dem von Snøhetta in Oslo entworfenen Freedom Center ein wichtiger Mieter weg.

Der Hintergrund ist, dass das Drawing Center damit einer „ständigen Zensur“ entgehen möchte. Unter dem Druck der Familien der Opfer des Terroranschlags auf das World Trade Center am 11. 9. 2001 möchten Governeur George Pataki und die Lower Manhattan Development Corp. (LMDC) beide Kulturinstitutionen dazu bringen, eine Erklärung herauszugeben, dass ihre Ausstellungen „keine Plattform für anti-amerikanische Sichtweisen“ bieten würde. Während das Freedom Center zu dieser Erklärung bereit war, zieht das Drawing Center einen Umzug vor.

Aber auch der neue Sitz des Freedom Centers im Snøhetta-Bau ist noch nicht gesichert: Wenn es bis zum 23. September 2005 keine „spezifischen Pläne, Programme und Organisationsstruktur“ vorlegt, will die LMDC einen anderen Nutzer für das Gebäude finden. Das Gebäude soll aufgrund der neuen Lage ohnehin um ein Drittel kleiner werden.

Am selben Tag gab die Großbank Goldman Sachs bekannt, dass sie am Ground Zero für 2 Milliarden US-Dollar (ca. 1,6 Milliarden Euro) einen neuen Hauptsitz nach einem Entwurf von Pei Cobb Freed & Partners bauen wird. Über 9.000 Mitarbeiter der Bank sollen in dem Neubau arbeiten, dessen Bau nicht vor 2008 beginnen soll.

Die Bank hatte ihre Neubaupläne im April 2005 fallen gelassen, weil die geplante Untertunnelung der West Street direkt vor dem Haupteingang geendet hätte. Daraufhin wurde der Tunnelbauplan fallenglassen und die Straßenführung geändert. Stadt und Staat mussten der Bank ausserdem millionenschwere finanzielle Anreize bieten.

Kommentar der Redaktion:

Dem Kommentator des New York Newsday, Justin Davidson, ist zuzustimmen, wenn er den „Erpressungsversuch der anti-intellektuellen Koalition“ zum Wiederaufbau von Ground Zero attackiert. „Bevor die LMDC sich nicht aus dem Würgegriff der zensurfreudigsten Hinterbliebenenfamilien befreit, wird das World Trade Center-Gelände eine Kulturwüste bleiben. Auch David Childs' Hochsicherheits-Wolkenkratzer nebenan zeigt, dass Angst den Wiederaufbau prägt: So wie der Freedom Tower gegen terroristische Angriffe, so soll auch das Freedom Center gegen politische Attacken geschützt werden. Wenn das Zentrum nicht nur Platitüden verbreiten will, muss es der Selbstzensur entkommen. Wenn die LMDC kein Rückgrat zeigt und eine kulturelle Regenerierung von Ground Zero zulässt, wird Ground Zero ein Ort der Toten bleiben.
Davidson fragt rhetorisch: „Was wäre un-amerikanischer als der Zwang, dass Künstler Amerika nicht kritisieren dürfen?“

Ulf Meyer


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