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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Erstes_amerikanisches_Projekt_von_Jean_Nouvel_in_Minneapolis_eingeweiht_-_mit_Kommentar_24138.html

20.06.2006

Am Mississippi

Erstes amerikanisches Projekt von Jean Nouvel in Minneapolis eingeweiht - mit Kommentar


In Minneapolis wird am 25. Juni 2006 das neue Guthrie-Theater eröffnet. Es wurde von Jean Nouvel aus Paris entworfen, der schon 2001 mit dem Entwurf beauftragt worden war (siehe BauNetz-Meldung). Der Neubau am Ufer des Mississippi hat 125 Millionen US-Dollar gekostet und steht neben alten Getreidespeichern und -mühlen. Vom erhöhten Foyer führt ein Kragarm weit über den Mississippi und bietet atemberaubende Blicke in das Flussbett.

Hinter den dunkelblau-gelben Stahlfassaden liegen drei Theatersäle mit 1.110, 700 und 250 Sitzen in Stahrahmenbauweise. Die Werkstätten sind auf einem gegenüberligenden Parkhaus untergebracht, so dass die Bühnenbilder über eine Brücke in das Theater gelangen. Dieser Vorgang wird in einem gläsernen Foyer im 4. Obergeschoss sichtbar gemacht.

Der Neubau nimmt die Formen und Proportionen der benachbraten Industriebauten auf. Die Hubbühne zeichnet sich mit einer Kurve in der Fassade ab. Drei mit LEDs bestückte Stelen werben für die Aufführungen.
Acht weiße Großbilder von früheren Stücken wurden auf die Fassade gedruckt.

Vom Foyer aus führen steile Rolltreppen in das Foyer im vierten Stock. Ein zweites Foyer mit Restaurant liegt direkt darüber.
Den asymmetrischen großen Saal prägen Sitze und Akustikpaneele in Herbstfarben. Die Studiobühne ist hingegen streng rechteckig und mit roten Samtsitzen versehen. Ein weiteres, auskragendes Foyer im 9. Stock hat gelbliche Ganzglaswänden, durch die der Blick auf die Skyline von Minneapolis fällt.

Kommentar der Redaktion:

Um die letzte Jahrhundertwende war Minneapolis die Mühlenhauptstadt der Welt: Aus den Weiten der Prärien des Mittelwestens und Kanadas wurden Abertausende von Tonnen Getreide per Bahn an die Ufer des Mississippi gefahren, gerade dort, wo heute Nouvels Neubau an die Geschichte der großen Silos erinnert, deren monumentale Architektur schon in den 10er Jahren europäische Architekten von Le Corbusier bis Bruno Taut in ihren Bann gezogen haben.
Walter Gropius hatte sie im Jahrbuch des Deutschen Werkbundes von 1913 eurphorisch beschrieben. Einige Jahre später kam Erich Mendelsohns Photo-Essay „Amerika: Bilderbuch eines Architekten“ heraus.

Nouvels Bau, der von den begeisterten amerikanischen Kritikern treffend als zugleich „tough and welcoming“ beschrieben wird, ist der neue Höhepunkt einer Stadt, die bisher eher für ihre klirrend kalten Winter und ihre durch nichts von ihrer Freundlichkeit abzubringenden Bewohner bekannt war.

Der „cineastische“ Architekt Nouvel ist im Theaterbau am stärksten, und nach seinem Einstiegserfolg in Minnesota winken ihm Folgeaufträge, obwohl mit dem Abriss des ursprünglichen Guthrie-Theater im Walker Art Center von Ralph Rapson, der noch in diesem Sommer beginnen soll, kein kleiner Preis für den Neubau am Missippi bezahlt werden musste. Rapson war immerhin Leiter der New Bauhaus School in Chicago und die Denkmalschützer wollen seinen Bau unbedingt erhalten.

Ein weiterer Neubau von europäischen Architekten, der neue Flügel von Herzog und de Meuron (siehe BauNetz-Meldung), hat dem „Walker“ wenigstens eine neue Attraktion verliehen und lässt den erst letzte Woche eröffneten Neubau für das örtliche Art Institute von Michael Graves (siehe BauNetz-Meldung) nur um so altbackener aussehen. Go Europeans!

Ulf Meyer


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