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01.07.1999

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Der gebaute Bauschaden

Einsteinturm in Potsdam wiedereröffnet


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Der Einsteinturm in Potsdam, eines der berühmtesten Einzelbauwerke der Moderne überhaupt, ist am 1. Juli 1999 nach zweijährigen grundlegenden Renovierungsarbeiten wiedereröffnet worden. Der Turm auf dem Potsdamer Telegraphenberg wird auch in Zukunft der astrophysikalischen Forschung, seinem ursprünglichen Zweck, dienen.
Die Renovierungskosten in Höhe von 2,8 Millionen Mark wurden zum größeren Teil von der Wüstenrot Stiftung und zum kleineren Teil vom Nutzer, dem Astrophysikalischen Institut Potsdam (AIP), aufgebracht. Die ungewöhnlich aufwendigen denkmalgerechten Renovierungsarbeiten sind nach den Plänen und unter der Leitung des Büros Pitz und Hoh Werkstatt für Architektur und Denkmalpflege (Berlin) durchgeführt worden.
Der Einsteinturm war 1920-21 vom damals noch wenig erfahrenen Architekten Erich Mendelsohn als gebautes Manifest des architektonischen Expressionismus errichtet worden. Nach einer hartnäckig kolportierten Lehrmeinung hätte der Turm ursprünglich komplett in Ortbeton ausgeführt werden sollen, um die Möglichkeiten des neuen Materials zu demonstrieren - dies sei nur aufgrund bautechnischer Schwierigkeiten unterblieben. Neuere Forschungen ergeben für diese Ortbeton-Hypothese nur wenige Anhaltspunkte. Unbestritten ist, daß der Turm tatsächlich in einer Mischkonstruktion aus Beton und konventionellem Ziegelmauerwerk errichtet wurde. Der Außenbau wurde ockerfarbig verputzt, wie neueste Bauforschungen bewiesen haben.
Bereits 1927/28 erzwangen massive Bauschäden eine grundlegende Renovierung, die mit der Zustimmung des Architekten Mendelsohn durchgeführt wurden. Unter anderem erhielt das Bauwerk damals einen komplett neuen Putz - der ebenfalls ocker angestrichen wurde - sowie Verblechungen der Fensteröffnungen, welche die ursprüngliche skulpturale Entwurfsidee verunklarten.
Nach leichteren Kriegsschäden wurde der Einsteinturm um 1950 wiederhergestellt und erhielt einen weißen Anstrich. Mehrere Renovierungen, zuletzt 1984, versuchten, die immer wieder auftretenden massiven Bauschäden zu beheben.
Mitte der neunziger Jahre präsentierte sich der Turm, den die Architekten der Renovierung einen „gebauten Bauschaden“ nennen, erneut in einem stark schadhaften Zustand (Bild). Die Sanierung folgte dem Ziel, „ein Maximum an Originalsubstanz unter Berücksichtigung der gesamten Bau- und Nutzungsgeschichte zu erhalten“, wie der Bauherr in einer Presserklärung schreibt.
Dies wurde unter anderem dadurch erreicht, daß der bestehende Putz von 1927 an schadhaften Stellen vorsichtig ausgebessert wurde, statt den gesamten Putz abzuschlagen. Das wohl aufälligste Ergebnis der glücklich abgeschlossenen Renovierungsarbeiten ist die nach einem halben Jahrhundert ungewohnt wirkende neuerliche Einfärbung des gesamten Außenmauerwerks in einem ocker-beigen Farbton. Die bei einem Brand auf der Baustelle im Januar 1998 entstandenen Schäden erwiesen sich glücklicherweise als reparabel.
Architekt Helge Pitz lobte anläßlich eines Presse-Rundgangs vor der Eröffnung die fachliche Qualität der hier eingesetzten brandenburgischen Handwerksfirmen, die deutlich besser gearbeitet hätten, als vergleichbare Firmen, die er aus dem Westteil Berlins kenne.

Fotos: Wüstenrot Stiftung / Wolfgang Reuß

Weitere BauNetz-Meldungen zum Thema finden Sie in der News-Datenbank unter dem Suchbegriff „Einsteinturm“.

Eine anschauliche Darstellung der Mischbauweise des Einsteinturms finden Sie als weiteres Zoom-Bild hinterlegt (rot = Mauerwerk, grün = Ortbeton, photogrammetrische Aufnahme: Bildmessung GmbH, Muellheim).

Im Herbst 2000 erschien im Karl Krämer Verlag ein Buch, das die Sanierung des Einsteinturms dokumentiert. Infos zum Titel finden Sie in der BauNetz-Rubrik Bücher.


 
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