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08.05.2013

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Bürgerliche Innenwelten

Wohnhaus-Umbau in Frankfurt


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Frankfurt ist inzwischen fast ein wenig berühmt für seine Minihäuser. Mit seinem Programm erinnert das von den ortsansässigen Architekten Braun und Güth „Pünktchen“ getaufte, nun umgebaute und erweiterte Haus allerdings eher an Goethes Zeiten als an zeitgenössische Vorbilder aus Japan. Einen Salon gibt es und eine Art Speisezimmer samt Wintergarten, ein repräsentatives Treppenhaus und Bäder, die an Mailänder Hotels der 30er Jahre erinnern. Doch trotz allen Luxus', all das dürfte hier nicht nur urbaner, sondern auch platzsparender realisiert worden sein als in den zahllosen Villen im stark zersiedelten Frankfurter Umland.

Entgegen des ersten Eindrucks von eher klassischer Bürgerlichkeit ist denn auch die Raumfolge hinter der ausdruckstarken Fassade mit ihren Stein-und Holzelementen, geplant zusammen mit Studio Dynamo, vollkommen zeitgenössisch. Anstatt das Haus nach oben hin privater werden zu lassen, befinden sich die gemeinschaftlich genutzten, zumindest teilweise öffentlichen Programme sowohl im Erdgeschoss als auch unterm Dach, während das Schlafzimmer der Eltern sowie die Kinderzimmer dazwischen angeordnet sind. Besonders im Erdgeschoss wird, wie von den Bauherren gewünscht, auch das alte Haus spürbar. Die offene Küche und der Essbereich befinden sich in alten Gewölben, die wahrscheinlich früher der Lagerung dienten; auch die alte Treppe konnte erhalten werden. Explizit moderne Elemente, räumlich wie strukturell, sind dagegen der Wintergarten und das Wohnzimmer im Dachgeschoss, die sich großflächig öffnen lassen und so auch mitten in der Stadt ein wenig Natur erfahrbar machen.

Neben dem Raumprogramm ist es aber noch etwas anderes, das an großbürgerliche Traditionen erinnert. Fast einer Gesamtkunstwerk-Idee entsprechend, sind die Räume mit äußerster Akribie und Liebe zum Detail gestaltet und ausgebaut. Es gibt tief leuchtende Farben, textile Wand-Bespannungen und eine Vielfalt an aufwendigen Tapeten. Außerdem finden sich eine Reihe von Holzeinbauten, die dem Haus nicht nur Wärme geben, sondern auch zahlreiche Funktionen in den Wänden verschwinden lassen. Davon vielleicht am aufregendsten, zumindest aus Kindersicht, die Schlafalkoven mit kreisrunden Öffnungen.

Fotos: P. Unsinn


Zum Thema:

Mehr über Minihäuser in Frankfurt in der Baunetzwoche#166


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Kommentare

11

Akki | 16.05.2013 13:21 Uhr

bürgerlich

Ein sehr gelungenes Projekt , wenn es auch in vielen Punkten (Farbgestaltung) nicht meinen persönlichen Geschmack trifft.
Die Fassade finde ich absolut schön, hier stimmt endlich mal das vielbemühte "eigenständig aber dennoch den Bestand nicht misachtend".
Die Mischung der Räume (Gewölbe-Glaskasten) bringt schöne Kontraste, bleibt aber trotzdem harmonisch.

Warum sollte es übrigens nicht erlaubt sein, schmale Räume mit einem guten Weitwinkelobjektiv mit Shift-Funktion zu fotografieren ? O.K., ob die modische "Tilt"-Optik des 5. Fotos sein muss, darüber kann man sicher streiten. Meine Meinung dazu ist, Spaß beim "Abbilden" unserer Arbeit muss auch sein, solange es nicht für hehre kunsthistorische Kataloge ist...

10

Bernd | 16.05.2013 11:32 Uhr

geringe Gehälter

ein Hinweis an solong, gerade weil so schlechte Gehälter gezahlt werden, sollte man noch viel länger in Chatrooms oder Sozialnetzwerken sein!
Oftmals sind doch die älteren Generationen unfähig ein Büro strukturiert, d.h. zielführend zu leiten... statt dessen werden dutzende Varianten auf die Praktikanten abgewälzt, die dann wie am Fließband abgearbeitet werden dürfen. Man kann es sich ja auch bei den gezahlten Löhnen leisten...
Viele von unserer Generation überlegen sich daraufhin statt dessen etwas Neues zu beginnen oder zu Bauträgern abzuwandern. Die Architektur mag darunter leiden, aber es kann nicht sein das 12h Tage als selbstverständlich angesehen werden bei einem Hungerlohn...

9

böhm | 15.05.2013 15:46 Uhr

mecker

da bleibt ja keine fläche unangetastet vor lauter angst,
ein leben wie im zirkelkasten,

8

solong | 15.05.2013 10:29 Uhr

...wer sagt denn ...

... das hier kein angemessenes honorar gezahlt wurde ??? ... gestaltung ist kein selbstzweck ... und ein hinweis an die junge planergeneration sei gestattet ... wenn ihr so uneffektiv arbeitet und während der arbeit noch laufend eure sozial networks bedient oder sonst wie chatted ... ist es kein wunder das hier keine höheren gehälter gezahlt werden können ... es muss nämlich auch verdient werden ...

7

martin s | 14.05.2013 16:11 Uhr

...

offtopic: Zahnärzte, Anwälte und Richter haben auch eine funktionierende Lobby, die politisch weitaus handlungsfähiger ist als die unsere und schon früh dafür gesorgt hat, dass Honorare eben Honorare sind und kein orientalischer Basar wie bei Architekten.
Unsere Kammern....oh je...selbstbeweihräuchernde Sommer-Gartenfest-Institutionen...

Zum Objekt: Gut fotografiert ist was anderes, zuviel Fischauge, Verzerrungen und Miniatureffekte...Effekte halt.

Lenkt aber dann doch nicht von der wirklich gelungenen Arbeit ab. Sehr schön!

6

Nemil Olde | 14.05.2013 10:17 Uhr

Honorarverzicht

Genau.
Was bin ich auch so ein abgehalfterter, dummer alter Sack, der sich das Recht herausnehmen möchte eine Familie mit Kindern (ihhhh!) in einer der boomenderen (und daher mit hohen Wohnunsmietpreisen "gesegneten") Großsstädte finanzieren zu wollen -also Geld verdienen, ein Honarar erwirtschaften zu wollen- der dann auch noch ansprechende Architektur hervorbringen will.
Werde ich halt Technokrat, schwimme dafür aber dann sicher im Geld.

Soll ich jetzt meine Kinder verkaufen (an wen?) oder meiner Frau neben Ihrer Vollzeitstelle noch einen Nebenjob besorgen, damit ich meinem Hobby Qualitätsarchitektur nachgehen kann? (hmm, wer kümmert sich in der Zeit um die Kinder, in der meine Frau ihren Zweitjob... ach was, das Jugendamt macht das schon...)

Das Bild des asketischen Architekturmöches, der sich, enthaltsam von Brot und billigem Rotwein ernährend, der großen Baukunst hingibt ist: A-sozial - im tiefsten gesamtgesellschaftlichen Sinne... Der Realität enstpricht es leider dennoch allzu oft.
Nur Meine Meinung.

Ganz schön ist das Haus aber in der Tat. Obwohl ich mir unter "Minihaus" doch etwas irgendwie kleineres vorstelle.
Auch nur meine Meinung.

5

Peter Lustig | 14.05.2013 10:17 Uhr

Beobachter

Beobachter...Richtig, wichtig ist auc hdas sich gerade die junge Generation nicht kostenlose 2 Jahre nach dem Studium anbietet, wichtig ist das die alte Generation nicht mit Sprüchen wie '' Dann liebst Du den Job nicht genug'' Druck ausübt. Wenn alle Büros Projekte annehmen obwohl sie nur 40% der HOAI bekommen sind wir selbst schuld. Kein Zahnarzt und kein Richter verhandelt gross rum. Aber Generalplaner und diverse ''Planungs und Baubüros'' dürfen auch planen und da sind die wenigsten Mitarbeiter Architekten. Die Kammern machen sich ebenfalls nicht stark. Wenn man nach 5 jahren arbeit auf Harz4 angewiesen ist dann interessiert die ''gute Architektur'' immer weniger.

4

Hotte | 14.05.2013 10:17 Uhr

WOW

WOW! Solche Bauherren wünsche ich mir auch mal. Die nötige Mittel und trotzdem Mut. Eine seltene Mischung.
Tolles Projekt! Glückwunsch!

3

Schrägstrich | 14.05.2013 10:17 Uhr

Räume

Der Fassade nach hätte ich mir die Bilder fast nicht angeschaut. Aber die Innenräume sind zum Teil schon sehr toll geplant.
Herausragend find ich den Wintergarten und die sehr hellen Räume unterm Dach.

Zum ersten Kommentar hier: Unbezahlte Überstunden sind eine echte Frechheit! Darüber gibt es meiner Meinung nach gar nichts weiter zu diskutieren.

2

Beobachter | 10.05.2013 16:10 Uhr

Inbezahlteüberstunden als Pflicht

Ich stimme meinem Vorredner in allen Punkten , die sich auf die herrausrragende Qualität des beschriebenen projektes beziehen, zu. Ein wirklich sehr gelungener Bau. Aber das jemand behauptet herrausragende Architektur währe nur möglich, wenn man man unbezahlte Überstunden macht, ist eine absolute Frechheit , genau diese Einstellung hat unsere Branche zu dem gemacht was sie heute ist, eine riesiger Sklavenmarkt auf dem Menschen nach durchschnittlich 6-7 Jahren Studium mit 1300Euro Netto über die Runden kommen müssen. Der Dank dafür sind dann 60-70 Stunden pro Wochen. Ich sage nicht, dass gute Architektur nicht besonderen Einsatz und Überstunden erfordert, aber es muss in der Gesellschaft wieder anerkannt werden das gute Arbeit ihren Preis hat. So dass auch alle beteiligten im nachhinein mit Freude an ein solch gelungenes Projekt zurückdenken. Das soll jetzt nicht diese Projekt im Falschen Licht erscheinen lassen, es geht mir lediglich um die Aussagen meines Vorredners.

1

Daoud Breshna | 09.05.2013 12:42 Uhr

Gute Architektur ist wie Musik

Ich bin, nach langer Zeit, wieder von Architektur begeistert!

Um solche vielfältigen Räume, angelehnt an die alte Bausubstanz, zu planen, erfordert es einen weiten Horizont und (wahrlich)grenzenlose Phantasie, aber auch sehr sensibles Einfühlungsvermögen.

So etwas gelingt keinem Technokraten (unter den Architekten), sondern wahren Baumeistern, Bau-Künstlern, die oftmals, dem Werk verpflichtet, auf ihr Honorar verzichtend, etliche Überstunden in Kauf nehmen, um solch eine Vielfalt räumlicher Ereignisse zu komponieren.

Ein Beispiel: die Küche unter dem niedrigen alten Gewölbe bildet einen wunderbaren Kontrast zum großartigen Wintergarten über zwei Ebenen. Spießiges Denken, sowohl der Bauherren (Kosten!), als auch der Architekten, hätte diese Komposition nicht ermöglicht.

Es ist alles so vielfältig, es macht wieder Freude, Architektur, leider nur auf Photos, auf diese Weise zu erleben! Und die Fotos sind auch sehr gelungen, sie vermitteln sehr gut die Eindrücke. Vielen Dank auch an die Redaktion für diese einzigartige Meldung.

Gute Architektur ist wie Musik, oder andere Kunst, sie be-geistert (im wahrsten Sinne des Wortes), beflügelt den Geist (und die Sinne, oder den Geist über die Sinne) und befreit ihn von den spießigen, kleinbürgerlichen Niederungen des Alltags. Ganz neue unbekannte und nie gesehene Welten eröffnen sich, wie nie zuvor gehörte Musik - der Beobachter, Hörer ist berauscht!

 
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