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09.03.2017

Haus mit drei Gärten

Villa in Kuwait von AGi Architects


„Können Sie alle ihre Garten-Aktivitäten tagsüber, nachts, im Sommer und im Winter präzise benennen?“ fragten AGi Architects (Kuwait-Stadt/Madrid) die Bauherren in der Vorbesprechung zum Entwurf ihres neuen Domizils. Was für eine spanische Familie sicherlich schwer zu beantworten gewesen wäre, kann eine Familie aus Kuwait-Stadt ziemlich leicht abschließend auflisten. Denn durch das extrem heiße und trockene Klima des Landes auf der Arabischen Halbinsel wissen die Bewohner ganz genau, wann sie Gartenarbeiten machen, eine Grillparty feiern, im Pool schwimmen oder draußen ein Buch lesen.

AGi Architects operieren an zwei Standorten, in Spanien und in Kuwait. Ihnen sind die Unterschiede des spanischen und kuwaitischen Klimas und die Anforderungen, die dadurch an die Architektur entstehen, natürlich geläufig. Für das Domizil in Al-Funaitees, das eine offensichtlich vermögende, kuwaitische Familie in Auftrag gab, hatten sie den Anspruch einen Außenraum zu konzipieren, der an 365 Tagen im Jahr benutzbar ist. Die Liste der Aktivitäten der Bauherren prägte das Konzept der drei Gärten: Die Architekten schichteten die Nutzungen, geordnet nach Jahreszeit und Stunde des Tages, in verschiedenen Ebenen vertikal übereinander, die wiederum visuell und physisch durch Erschließungswege verbunden wurden.
 
Um den „feuchten Garten“ im Erdgeschoss – mit Pool und Fontänen für heiße Perioden – sind beispielsweise die Gemeinschaftsräume des Hauses arrangiert. Der „Sommergarten“ – vier Meter unter dem Straßenniveau – ist der kälteste der drei Gärten, da er durch das Gebäude stark verschattet und durch die thermisch wirksame Masse des Bodens gekühlt wird. Eine Wasserfläche katalysiert hier Verdunstung und Transpiration und trägt so zur Frischluftversorgung der höher gelegenen Räume bei. Der „Wintergarten“ auf dem Dach mit seinem Sonnenschutz aus perforierten Metallgittern eignet sich für den Aufenthalt an (verhältnismäßig) kalten Tagen.
 
Aus der Organisation der Gärten und des darauf basierenden Grundrissarrangements ergibt sich ein komplexes Erschließungssystem mit zahlreichen Routen, das auch der kulturellen Eigenheit der Separation von Öffentlichkeit und Privatheit Rechnung trägt. Die verschiedenen Ebenen generieren eine Art Filter, durch den Gästen oder Freunden der Familie ein unterschiedlicher Zugang zum Haus gewährt wird. Die eher öffentlichen Bereiche sind um die Freiräume im Kern des Gebäudes arrangiert und visuell miteinander verbunden, die privaten Zimmer liegen an der Peripherie, umhüllt von der fast hermetisch abgeriegelten Außenfassade des Gebäudes.
 
Leider bedienen die Interiors Stereotypen vom kitschigen Geschmack der superreichen arabischen „Ölscheichs“. Sie bilden ein oberflächlich-protziges Verständnis von Luxus ab und stehen mit ihren Materialien im Kontrast zu den Metallgittern und den weißen Fliesen der Hoffassade. Das Erschließungssystem und das Gartenkonzept scheinen interessante, räumliche Einzelsituationen hervorzubringen. Insgesamt merkt man dem eklektischen Gebäude aber natürlich an, wie das Fehlen jeglicher budgetärer Zwänge auf eine Reihe nie realisierter, verrückter Raumideen aus dem Studium der Architekten trifft. (df)

Fotos: Fernando Guerra – FG+SG


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