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12.04.2017

Military-Biergarten in Berlin

Temporäres Brauhaus von GRAFT


Wenige Freiräume in Berlin können so begeistern wie der weitläufige Park am Gleisdreieck, der in drei Schritten zwischen 2011 und 2014 eröffnet und vom ersten Tag an mit größter Selbstverständlichkeit intensiv genutzt wurde. Hier entstand – ganz entgegen allen Klischees von der planerischen Unfähigkeit der Hauptstadt – eine absolut zeitgemäße Anlage, die den großstädtischen Park facettenreich durchexerziert. Nun haben GRAFT (Berlin) am östlichen Rand der Parkanlage ganz in der Nähe der U-Bahn-Station Gleisdreieck ein temporäres Brauhaus fertiggestellt, das auf gewisse Weise eine ganz andere Kategorie von Berlin-Klischees bedient.

Mit ihrem Entwurf, der drei bis fünf Jahre am Rand des Parks genutzt werden soll, schließen GRAFT an ihre Serie von Platoon-Kunsthallen an, die 2009 in Seoul und 2012 in Berlin eröffnet wurden: Das Gebäude ist aus Standardcontainern zusammengesetzt und dabei vier Container lang und einen Container breit. Wobei die Container weniger als reines strukturelles Gerüst fungieren, denn als Maßeinheit und ästhetischer Code. Denn nicht zuletzt die doppelgeschossige Halle mit Brauanlage und der Gastrobereich mit Galerie machten es notwendig, dass man mit ergänzenden Bauteilen große Räume schuf. Ein vertikal aufgestellter Container neben dem eigentlichen Baukörper fungiert als Treppe, ein schräg aufgebockter als direkter Zugang zur oberen Ebene der Bierhalle. Gerade die Strenge der standardisierten Kubatur hat es den Architekten angetan. Liegend, stehend oder schräg taucht die Einheitsbox auf. Konsequenterweise liegen deshalb auch beide Terrassen innerhalb des Baukörpers.

Das Projekt spielt die ganze Latte typischer Berlin-Bilder rauf und runter: Hier wurde auf einer der ehemals so gefeierten Brachen eine temporäre Struktur errichtet, wobei Infrastrukturbauten und vergessene Resträume für das notwendige großstädtische Feeling sorgen. Dass das Haus am Rande eines ordentlichen und sauberen Parks liegt, setzten die Fotografen vermutlich bewusst nicht ins Bild. Klischeehaft ist auch die Nutzung: Selbstverständlich wird hier craft beer produziert und getrunken. Fett prangt der Name dieses Bieres auf der ansonsten dunkel gehaltenen Außenwand. Dessen ans Kyrillisch angelehnte Schriftart reflektiert den rauen Chic und die gewisse Guerilla-Attitüde, die über dem gesamten Projekt liegen. Alles wirkt sehr industriell, hart, gar militärisch. Fast meint man, Pioniere der Bundeswehr hätten hier irgendeine technische Anlage aufgebaut, die aus standardisierten Elementen zusammengesetzt wurde.

So wird das Raue, Temporäre und Wilde der Nachwendezeit, für das Berlin einst so gerühmt wurde, ein weiteres Mal verfügbar und vermarktbar gemacht. Gastrostrategisch ist das Ganze aber mehr als begrüßenswert, denn nicht jeder hat Lust auf das Kindercafé Eule und den Kiosk am Spielplatz quer gegenüber. Dann doch lieber doppelt gehopft im schwarzen Container! (gh)

Fotos: Tobias Hein, DONE STUDIO – Ulf Saupe
, Seren Dal / BRLO


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