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05.10.2017

Alles gut in Zürich

Sanierung von Kongresshaus und Tonhalle


Als vor einigen Wochen am Ufer des Zürichsees die Baustelle für die Sanierung des Kongresshauses eingerichtet wurde, nahm eine lange Geschichte ein glückliches Ende. Man mag es kaum glauben, aber das Kongresshaus aus dem Jahr 1939 stand vor gut zehn Jahren tatsächlich zur Disposition und sollte zugunsten eines Neubaus abgerissen werden. Das wäre mehr als skandalös gewesen, denn der Bau der Zürcher Architekten Haefeli Moser Steiger darf getrost als das Hauptwerk des Landi-Stils gelten.
 
Landi-Stil? Noch nie gehört? Für Nicht-Schweizer mag allein der Begriff schon etwas sonderbar klingen, tatsächlich versteckt sich dahinter eine der interessantesten Architekturströmungen, die die Schweiz im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Der Landi-Stil leitet seinen Namen von der Schweizerischen Landesausstellung ab, die im Mai 1939 in Zürich eröffnete und ganz im Schatten der nationalsozialistischen Bedrohung stand. Inhaltlich, aber auch architektonisch ging es damals um eine Stärkung der Schweizer Identität. Der Landi-Stil kann als eine moderat moderne, regionalistische Architektursprache beschrieben werden, in der es nicht (mehr) um die klare weiße Kiste ging, sondern um Qualitäten des Materials, der Konstruktion, der Handwerklichkeit und der Dekoration. Die Innenaufnahmen des Kongresshauses von Georg Aerni zeigen gut, welche Ideen die Architekten damals verfolgten. Dass mehr als ein Detail Erinnerungen an die dekorativen Spielarten der europäischen Nachkriegsarchitektur weckt, unterstreicht nur, wie wegweisend dieses Gebäude ist.
 
Da die Landesausstellung fast nur temporäre Architektur hervorbrachte, ist das Kongresshaus – das damals an die bestehende Tonhalle aus dem 19. Jahrhundert angebaut wurde – der letzte große bauliche Zeuge der Ausstellung. Trotzdem entwickelte sich nach der Jahrtausendwende eine ungute Dynamik, die am Standort des Kongresshauses ein hochmodernes neues Kongresszentrum errichten wollte, weil die räumlichen und technischen Möglichkeiten des Bestandsbaus nicht mehr zeitgemäß schienen. Dass die Luzerner damals mit Jean Nouvels Kongresszentrum am Seeufer einen echten Coup gelandet hatten, spielte dabei sicherlich auch eine Rolle.

2006 wurde ein Wettbewerb veranstaltet, den Rafael Moneo gewann. Zwei Jahre später fiel das Projekt bei der Zürcher Bevölkerung, die bei Projekten dieser Größenordnung zustimmen muss, jedoch durch. Der Wind drehte sich zugunsten des Altbaus – vielleicht auch deshalb, weil im riesigen Neubauprojekt The Circle am Flughafen Kongressräumlichkeiten entstehen werden. Im Juni 2016 wurde schließlich wieder abgestimmt – diesmal über eine Entschuldung der Trägergesellschaft und einen Kredit für die Sanierung. Auch diesmal entschied sich das „Zürcher Stimmvolk“ für den Altbau, sodass nun eine ARGE, bestehend aus Boesch Architekten (Zürich) und Diener & Diener Architekten (Basel/Berlin), mit der Sanierung beginnen wird. Deren Abschluss ist für Sommer 2020 anvisiert.

Für 165 Millionen Franken werden das Kongresshaus und die Tonhalle instand gesetzt und denkmalgerecht umgebaut. Neben diversen technischen Ertüchtigungen und kleineren räumlichen Optimierungen geht es vor allem um die Wiederherstellung der visuellen Verbindung von Haus und See. Der in dieser Hinsicht wichtigste architektonische Eingriff ist der Rückbau einer Erweiterung aus den Achtzigerjahren, durch die die Terrasse des Hauses verbaut wurde.

Sofern nichts mehr schiefgeht, ist das Kongresshaus also gerettet. An anderer, nicht minder prominenter Stelle aber ist ein weiteres Zürcher Baudenkmal des Trios Haefeli Moser Steiger gefährdet: Das Kantonsspital hinter dem Hauptgebäude der ETH liegt inmitten eines Areals, das künftig stark verdichtet werden soll. (gh)

Fotos:
Georg Aerni


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