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01.07.2016

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Kaum Pathos trotz Kaiser-Museum

Sanierung von Brenne Architekten


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Die wilhelminische Epoche ist bis heute mit einem Gefühl des Unbehagens verbunden. Wird doch diese historische Phase allgemein als Wegbereiter für zwei Weltkriege interpretiert. Trotzdem, die Architektur dieser Zeit steht überall. In Krefeld zum Beispiel gibt es das Kaiser Wilhelm Museum, das in Gedenken des ersten preußischen Imperators Wilhelm I. um 1890 errichtet wurde. In den Sechzigerjahren restaurierte man das Kunstmuseum. Pompöse Elemente seiner Architektur wurden dabei im Sinne des Bonner Understatements verdeckt. Jetzt haben Brenne Architekten den Bau erneut saniert. Dabei schafften sie es, den historischen Bestand wieder freizulegen und trotzdem zu entdramatisieren. Am 2. Juli wird das Kaiser Wilhelm Museum nach sechs Jahren Sanierungsarbeiten wieder eröffnet.
 
Die Hauptfassade zeigt sich nun transparent und offen. Im Bereich des gesamten Nordflügels hat das Berliner Büro das Dach angehoben. Neu ist auch eine zweiläufige Treppenanlage. Beide Seiten des Foyers flankieren die zwei weiß gestrichenen und klassisch profilierten Betonkörper der Stiegen, spiralförmig winden sie sich vom Erdgeschoss bis in das zweite und letzte Obergeschoss. Auch der Eingangsbereich, das Foyer, die Cafeteria und der öffentliche Sanitärbereich sind erneuert worden. Die ehemals offene Treppenanlage im Zentrum des Baus hingegen wurde aus Gründen des Brandschutzes verschlossen. Dadurch ist im ersten Stock ein neuer Ausstellungsraum entstanden, der zudem multifunktional angelegt ist und auch für Vorträge, Filmprojektionen und Diskussionen genutzt werden kann. Eine flächige Lichtdecke beleuchtet den Raum.
 
Die Abfolge der Räume richtet sich nach wie vor nach dem U-förmigen Grundriss der Vorkriegszeit. Brenne Architekten haben nun die Durchgänge wieder vereinheitlicht und neue Sichtachsen geschaffen. Auf der ersten Etage entfernte das Berliner Büro die abgehängten Decken der Sechziger und macht die Räumlichkeiten in ihren ursprünglichen Proportionen wieder sichtbar. Auch die historische Kasettendecke ist wieder freigelegt. Ein System aus Leuchtröhren holt die wilhelminische Architektur in die Gegenwart, fügt sich in die Deckenstruktur ein und bildet mit seinem klaren industriellen Charakter einen Kontrast zum Bestand.
 
Bei so viel Entdramatisierung der historischen Substanz kann an anderer Stelle wieder kritiklos rekonstruiert werden. Der originale Zustand samt Einrichtung des sogenannten Marmorsaals im zweiten Stockwerk etwa wurde wiederaufgebaut und das monumentale, eigens für den Saal angefertigte Wandgemälde „Lebenalter“ des niederländischen Künstlers Thorn Prikker ist nach 40 Jahren neuerlich zu sehen. Auch wieder zugänglich sind zwei Werkräume von Joseph Beuys, die der in Krefeld geborene Künstler für das Friedrich Wilhelm Museum angefertigt hatte. Prikkers Expressionismus von 1923 und Beuys Installationen aus den Siebzigern repräsentieren jedoch politisch so unverfemte Künste, dass sie ohne Zweifel rekonstruiert werden können. (sj)

Fotos: Volker Döhne, Kunstmuseen Krefeld


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Kommentare

2

Mweber | 04.07.2016 13:51 Uhr

KW-Museum

Das Herausarbeiten der originalen Raumfluchten und Decken hat dem Bau gutgetan. Der neue Eingangsbereich überzeugt mich weniger, das niedrige Foyer mit der verwirrenden 180° Wegeführung um den Windfang herum wird dem Gebäude irgendwie nicht ganz gerecht, ich vermisse die geschossübergreifende zentrale Treppenhalle (die sich in der Vergangenheit übrigens gut für Veranstaltungen nutzen ließ).

1

JH_LND | 01.07.2016 15:31 Uhr

Schönes Projekt. Aber...

...ich weiß nicht, ob das viele Weiß wirklich nötig gewesen wäre: Die "Entdramatisierung" kommt hier doch sehr pädadogisierend daher, so als müsse man die verwirrten Seelen der Besucher vor der Wirkung der Architektur beschützen. Bei Bild 4 sieht man im übrigen, wie schmal der Grat zwischen Entdramatisierung und Banalisierung sein kann...

 
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