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04.02.2011

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Oesterlen soll leben

Landtag Hannover verzichtet offenbar auf Neubau


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Große Erleichterung bei vielen Architekten, Denkmal- und Heimatschützern sowie 45.000 Unterschriftengebern: Der denkmalgeschützte Plenarsaal des niedersächsischen Landtags in Hannover, ein Hauptwerk des Architekten Dieter Oesterlen (1911-94) und ein bedeutender Bau der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte, bleibt offenbar vom Abriss verschont.

Nach Berichten der „HAZ“ habe Landtagspräsident Dinkla, der bisher zu den treibenden Kräften des Neubauprojekts zählte, den Verzicht auf die Maßnahme angekündigt – wegen eines Gutachtens, das (vergleichsweise moderate) Kostensteigerungen von 45 auf 50 Millionen Euro voraussagte.

Aus der organisierten Architektenschaft gab es allerdings auch darauf deutliche Kritik, denn schon zum zweiten Mal nach 2002 würde damit ein Wettbewerb für den Landtag gekippt. Gegenüber den dabei siegreichen Architekten werde ein „Auftragsversprechen“ gebrochen, so der Präsident der niedersächsischen Architektenkammer, Wolfgang Schneider.

Die Vorgänge um den Landtagsneubau können eigentlich nur als Provinzposse verstanden werden. Zunächst gab es 2002 einen Wettbewerb, mit dem der bestehende Bau angepasst und ertüchtigt werden sollte. Ihn gewannen die hannoverschen Architekten Koch und Panse (BauNetz-Meldung vom 9. September 2002) mit einer behutsamen Lösung, die den Oesterlen-Bau weitgehend erhalten hätte. Dieser Wettbewerb wurde nicht weiterverfolgt, weil der Entwurf angeblich zu teuer war.

Doch wenig später schon folgte die Ära Größenwahn: Während man den bestehenden Bau absichtlich nicht pflegte, um seinen angeblich maroden Zustand zu demonstrieren, wollte das Parlament nun auch einen „Glastempel“, wie man ihn in Dresden mit dem Kulka-Bau gesehen hatte. Ein erneuter Wettbewerb, diesmal auf einen kompletten Neubau angelegt und somit natürlich viel teurer als die Lösung von 2002, wurde ausgelobt. Erst auf Protest von Architekten wurden in der Wettbewerbsauslobung auch solche Varianten zugelassen, die den Altbau erhalten würden.
Die Konkurrenz gewann der in Köln lebende Architekt Eun Young Yi (BauNetz-Meldung vom 15. Februar 2010) mit dem herbeigesehnten Modell „Glaspalast“. Der zweite Preisträger, Walter Gebhardt aus Hamburg, lieferte dagegen einen Entwurf, der den Oesterlen-Bau in Grundzügen erhielt.

Jetzt wird wohl keiner davon verfolgt; wie es hingegen weitergeht, ist derzeit völlig offen. Unbestritten gibt es einen Renovierungsstau am bestehenden Gebäude. Wie umfassend diese Renovierung ausfällt, sollte nicht Baubeamten überlassen werden, sondern es muss dafür der Sachverstand von Architekten hinzugezogen werden. Etwas unernst ist man geneigt, nach einem dritten Wettbewerb zu rufen...

Im Ernst bleibt die Erkenntnis, dass hartnäckige und fachlich gut begründete Proteste (siehe auch BauNetz-Meldung vom 20. April 2004) offenbar auch gegenüber solchen Politikern Wirkung zeigen können, denen der Denkmalbestand egal ist und die lediglich mit einem Neubau ein neues schönes Spielzeug für sich selbst wünschten. Und das liebe Geld hat dann den Rest besorgt: Angesichts nahender Landtagswahlen will sich die Politik in Niedersachsen derzeit nicht dem Risiko aussetzen, für einen unnötigen Prestige-Neubau abgestraft zu werden. So einfach ist das – leider.  (-tze)


Kommentare

6

Dr. Ronald Kunze | 04.02.2011 20:23 Uhr

Wende in Niedersachsen

Na endlich! Geld regiert die Welt, vor allem die Abwesenheit von Geld. Es bleibt also alles so wie es ist, der obskure Tempel bleibt uns erspart. Ein klarer Sieg für Städtebau und Stadtplanung!

Zu Recht regt sich die Architektenkammer Niedersachsen auf, dass dieses Verfahren mit zwei konträren Wettbewerben nicht akzeptabel ist. Das hätte man aber nach dem ersten und vor dem zweiten Verfahren erkennen müssen! Eine ernsthaft arbeitende Kammer hätte den zweiten Wettbewerb strukturell und auch personell boykottieren müssen. Hat sie aber leider nicht ...

Jetzt ziehen wir gen einen neuen Horizont, und schon dräut die Wasserkunst uns zu ersticken. Die Idee ist akzeptabel, aber bitte keinen Historismus an dieser besonderen Position. Eine moderne Architektur mit nachhaltiger Technik zur Stromerzeugung aus Wasserkraft kann ein sinnvolles Ziel sein.

5

Dr. Ronald Kunze | 04.02.2011 20:22 Uhr

Wende in Niedersachsen

Na endlich! Geld regiert die Welt, vor allem die Abwesenheit von Geld. Es bleibt also alles so wie es ist, der obskure Tempel bleibt uns erspart. Ein klarer Sie für Städtebau und Stadtplanung!

Zu Recht regt sich die Architektenkammer Niedersachsen auf, dass dieses Verfahren mit zwei konträren Wettbewerben nicht akzeptabel ist. Das hätte man aber nach dem ersten und vor dem zweiten Verfahren erkennen müssen! Eine ernsthaft arbeitende Kammer hätte den zweiten Wettbewerb strukturell und auch personell boykottieren müssen. Hat sie aber leider nicht ...

Jetzt ziehen wir gen einen neuen Horizont, und schon dräut die Wasserkunst uns zu ersticken. Die Idee ist akzeptabel, aber bitte keinen Historismus an dieser besonderen Position. Eine moderne Architektur mit nachhaltiger Technik zur Stromerzeugung aus Wasserkraft kann ein sinnvolles Ziel sein.

4

archfreak | 04.02.2011 17:40 Uhr

Phhhhhhhhhuuuuuhhhhhhh.

Das eine knappe Kasse auch gut für die Kultur sein kann, wer hätte das gedacht! ;-)

3

auch ein | 04.02.2011 16:52 Uhr

architekt

immer ein spagat:
architekt und steuerzahler zugleich....(wenn man zu tun hat) .
also: auftragsversprechen und gleichzeitig wird wie immer bei öffentlichen bauten das geld am schluss knapp...komisch

2

Imke Woelk | 04.02.2011 15:59 Uhr

Oesterlen soll leben

Nur so kommt der Landtag Hannover in die Geschichtsbücher der Architektur.



1

martin s | 04.02.2011 15:45 Uhr

Da kann...

...sich Brandenburg mal ein Beispiel nehmen und mehr als eine Scheibe abschneiden....dort wird just das Disney-Schlösschen errichtet...monatlich trudeln Meldung von Mehrkosten...sechsstellig...durch die Nachrichtenticker...

 
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