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17.05.2016

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Klinker in Gelsenkirchen

Justizzentrum von harris + kurrle


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Wie im gesamten Ruhrgebiet spielt auch in Gelsenkirchen der Klinker eine besondere Rolle – der harte Stein hielt dem korrosiven Industrieklima einfach am besten stand. Es entstanden richtungsweisende Bauten wie das Hans-Sachs-Haus von Alfred Fischer, das 2005 beinahe abgerissen worden wäre. Die Schornsteine qualmen schon lange nicht mehr, doch noch immer erfreut sich das Material großer Beliebtheit. Auch harris + kurrle Architekten (Stuttgart) stellen sich mit ihrem Justizzentrum Gelsenkirchen in diese Tradition.

Der Gebäudekomplex beherbergt neben dem Ambulanten Sozialen Dienst der Justiz Nordrhein-Westfalens vor allem das Amts-, das Sozial- und das Arbeitsgericht samt aller notwendigen Büros. Die Geschossfläche von knapp 14.000 Quadratmetern verteilt sich auf drei kompakt gestaffelte Volumen. Der Kopfbau verfügt über ein Atrium und definiert einen öffentlichen Vorplatz, die beiden anderen Gebäudeteile sind um einen Innenhof herum organisiert. harris + kurrle erhielten 2010 den Auftrag nach einem gewonnenen Wettbewerb mit anschließendem VOF-Verfahren.

Die Strukturierung des Programms erfolgt nicht nach den hier versammelten Institutionen, sondern richtet sich allein nach den Funktionen. Der Kopfbau nimmt alle öffentlichen Bereiche wie die Gerichtssäle, die Kantine, die Bibliothek und das Grundbuchamt auf, während die übrigen Baukörper ausschließlich der Verwaltung dienen. Die einheitliche Gestaltung der Oberflächen mit dunkel- bis hellgrauen Klinkern unterstützt die skulpturale Wirkung des Gebäudes – eine Strategie, wie man sie auch bei den Vorbildern findet.

Fotos: Roland Halbe



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Kommentare

4

peter | 18.05.2016 21:43 Uhr

@vorredner

grundsätzlich bzw. inhaltlich bin ich d'accord mit euren einschätzungen.

ich denke aber, man sollte tiefer bohren und nachfragen, warum es so ist, wie es ist und nicht ohne nachzudenken entsetzt sein. die sicherlich berechtigte kritik sollte nach den ursachen fragen.
die liegen meines erachtens in der kollektiven verfassung, in der sich unsere gesellschaft befindet. "schuld" ist weder der architekt, noch der bauherr, noch sonstwer konkretes. vielmehr führt meines erachtens der gesellschaftliche kontext zu der architektur, die draußen gebaut wird. heraus kommen die kathedralen des hochmittelalters, fachwerk-innenstädte, der städtebau haussmanns in paris, das bauhaus, die reichsautobahn, die architektur eines paul baumgarten am bvg in karlsruhe, plattenbauten in halle-neustadt oder eben das hier diskutierte projekt.

was also ist mit unserer gesellschaft los? ich glaube, sie hat angst, sie klammert. klammert sich fest an erreichtem, will den bestand sichern. sie will rational und zweckorientiert sein. gelder (manchmal vordergründig) sparsam ausgeben. auf jeden fall will sie kein risiko eingehen, auf keiner ebene. davon gibt es in der schrecklich bösen welt da draußen ja eh schon soviel. sie will wenig verantwortung übernehmen, auf allen fronten möglichst unangreifbar, unpolitisch, neutral sein. und natürlich will sie ganz besonders viel energie sparen, ökologisch sein, kompakte, im idealfall passivhaustaugliche kubaturen bauen.

all das führt zu einem anforderungspaket, das zum entstehen genau der architektur führt, die wir hier an diesem projekt sehen. und den architektenwettbewerb gewinnt nicht der träumer, der aufeinandergestapelte glaskisten zeichnet oder wabernde blobs, leichte pavillons oder dorische säulen.

von daher: bravo, harris und kurrle, alles richtig gemacht! (das meine ich ernst) denn immer dran denken - architekten sind nicht die weltverbesserer, die sie gern wären oder für die sie oft gehalten werden, sondern in erster linie, so hart es klingt, dienstleister und erfüllungsgehilfen. die richtung wird vom auftraggeber vorgegeben. bei öffentlichen bauten ist das - die gesellschaft.

3

DasHolzspatel | 18.05.2016 11:32 Uhr

Architektur ist Geiselnahme

Blixa du hattest Recht.

Architektur mit Innenhöfen und Fenster. Türen, Akten. Und dieser lila Boden. Also dieser Boden ist ja... da hat man sich ausgetobt. Es hat ja auch was lebensbejahendes, also die Farbe Lila.

Das Aufbrechen der Gebäudelängen durch die Baukörper Ausformung, klasse. Man sieht dadurch erst wie hochwertig die Fassade geworden ist. Mit ihrem Spiel zwischen Öffnungsanteil und geschlossener Fassade.
Sogar das alte architektonische Thema des Innenhofes wurde aufgegriffen. Na an diesen Innenhof möchte man doch schnell vorbeigehen.
Das nennt man "anspruchsvolle hochwertige Architektur"
Excel als Entwurfstool, sowas sollte an den Unis unterrichtet werden.

2

maestrow | 18.05.2016 10:01 Uhr

Berlin-Gelsenkirchen

Liegt Gelsenkirchen nun in Berlin, oder verhält es sich umgekehrt? Man vergleiche aus gleicher Fertigungslinie das Archäologische Institut in Berlin. Solche Basisbanalitäten verbreiten sich - und insofern kann man dem Kommentar 1 nur zustimmen - wie Bauform gewordener Monumentalmehltau über eine Republik die sich in kalten bürokratischen Trutzburgen zu verschanzen scheint.

1

claus | 17.05.2016 23:59 Uhr

Recht und Gerechtigkeit

Was ist eigentlich aus der demokratischen Architektur geworden? Beim Betrachten dieses Justizgebäudes kann man wohl nur sagen: wenig! Nach außen hin uniform, kalt und verschlossen; vielleicht heroisch, aber auf eine, wie ich finde, derart unbestimmte weise, dass ich über die grundlegende Idee nur rätseln kann. Innen wie außen klinisch, ohne Raum für Zwischentöne, ohne Raum für die Betrachtungen des einzelnen Falls. Das Alibi des grünen Außenraums in den Innenhöfen wirkt wie ein verschämtes Feigenblatt. Mir scheint den Entwurfsverfassern mangelt es entweder am Verständnis für die bundesrepublikanische Rechtsordnung (betrüblich!) oder diese wurde von ihnen – absichtlich oder nicht ist sekundär –  in Entwurf und Ausführung völlig außer Acht gelassen (bedenklich!). Im besten Falle ist dies ein Gebäude der Bürokratie, nicht der Demokratie. Und eine Parallele mit dem in der Meldung erwähnten Hans-Sachs-Haus kann ich beim besten Willen nicht erkennen, letzteres stammt aus den 1920ern, in dem hier dargestellten Gebäude befinden wir uns eher auf dem Weg in die 30er Jahre.

 
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