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28.03.2017

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Feine Matrix für die Heidestraße

EM2N gewinnen in Berlin


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Im Quartier Heidestraße am Berliner Hauptbahnhof geht es Schlag auf Schlag. Nachdem vor wenigen Wochen der Wettbewerb für das sogenannte Sondergebiet entschieden wurde, liegen nun die Ergebnisse des Wettbewerbs für das Gewerbegebiet vor. Und auch ein dritter Wettbewerb läuft bereits.

Kurz zur Erinnerung: Unter dem etwas nichtssagenden Titel Europacity sollen auf einem Gebiet von circa 40 Hektar Fläche nördlich des Hauptbahnhofs in den nächsten Jahren 2.800 Wohnungen und 9.000 Arbeitsplätze entstehen. Ein langer Streifen südlich der Heidestraße – die das gesamte Viertel vom Hauptbahnhof her als Hauptverkehrsachse durchschneidet – wird dabei durch die Quartier Heidestraße GmbH entwickelt. Diese setzt auf nicht-offene Wettbewerbe, zu denen man namhafte Büros einlädt.

Bei dem nun entschiedenen Wettbewerb für das Gewerbegebiet handelt es sich um das größte Areal im Quartier Heidestraße, das in einem Zuge geplant wird. Mitglieder der Jury waren unter anderem Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, der Bezirksstadtrat des Bezirks Mitte Ephraim Gothe sowie Thomas Bergander, Geschäftsführer der Quartier Heidestraße GmbH. Die Jury vergab den ersten Preis an EM2N aus Zürich, den zweiten erhielt das Berliner Büro Eller + Eller, den dritten Platz belegten gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner. Teilgenommen hatten – neben den drei Gewinnern – die Büros ASTOC aus Köln, KAWAHARA KRAUSE aus Hamburg, sowie die Berliner Büros Barkow Leibinger, Diener & Diener, LAVA, LOVE und Sauerbruch Hutton.

In städtebaulicher Hinsicht war die Sache prinzipiell klar. Das Gewerbegebiet wird als sehr langer Gebäuderiegel entlang der Bahntrasse angelegt, um die direkt östlich anschließenden Wohnbauten vom Lärm der Züge abzuschirmen. Insgesamt sind circa 114.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche auf gut 28.000 Quadratmetern Grundfläche angepeilt. Ebenso klar wie die städtebauliche Haltung war das Programm: Büros und Gewerbe sind hier geplant, dazu ein wenig Einzelhandel. Die viel beschworene Berliner Mischung, die die Verantwortlichen für das gesamte Gebiet reklamieren, wird dann in den anderen Bereichen des Areals umgesetzt. Für die schwierige Zone am Rand der stark frequentierten Bahnfläche sind zugleich die meisten hohen Bauten im gesamten Areal der Europacity vorgesehen.

Da – abgesehen vom Siegerentwurf – nur ein allgemeiner Lageplan und Visualisierungen der Projekte veröffentlicht wurden, ist ein differenzierter Vergleich der eingereichten Arbeiten schwierig. Offensichtlich wichtig waren allerdings Fragen nach der Flächenvermarktbarkeit und Nutzungsflexibilität. Die Gefahr architektonischer Monotonie wurde jedoch gebannt, denn der erstplatzierte Entwurf von EM2N ist ein explizites Bekenntnis zur Heterogenität innerhalb einer ordnenden Grundstruktur. Die Zürcher Architekten schlagen zehn leicht unterschiedlich gestaltete Bauten vor, die sie zu einer langen Großform zusammenfügen. Fünf dieser Bauten setzen als zwölfgeschossige Türme städtebauliche Akzente. Die Jury lobte „Ähnlichkeit und Differenz“ der Bauten und das Zusammenstellen der Baukörper in einer „feinen Matrix“. Die Fassade ist hell gehalten und wird aus Betonfertigteilen realisiert.

Eller + Eller
, die den zweiten Platz machten, setzten demgegenüber auf eine „plastische Modellierung des Bauvolumens“. Kontrovers diskutierte die Jury ihren Vorschlag, auf Höhe des ersten und zweiten Obergeschosses eine halb-öffentliche Erschließungsebene zu schaffen, die direkt mit einem geplanten Fußgängersteg über die Bahngleise verbunden werden sollte. Auf eine „einheitliche Fassadengrammatik“ setzten demgegenüber gmp (3. Preis). Das Preisgericht konstatierte hier, dass der Entwurf „keine Risiken“ eingehe. Unsicher war die Jury, ob die durchgehende Sockelpartie und die „monumentalen Gebäudekörpern“ in das Viertel passen. Auch die Nutzbarkeit der Sockelzone wurde etwas angezweifelt.

Als wichtig erachteten die Auslober auch die Fassade zum Nordhafenplatz, dem nördlichen der zwei großen Stadtplätze in der Europacity. Hier hatten die Architekten den langen Riegel der Gesamtstruktur in eine platzbildende Schauseite zu übersetzen. Das Bewerberfeld lässt sich grob aufteilen in spektakuläre, bildhafte Lösungen und klare Rasterfassaden. Einen individuellen Ansatz verfolgten Diener + Diener, die auf hohe, schmale Baukörper mit ungewöhnlichen, gestreckten Stützenreihen setzten, die fast ein wenig klassizistisch anmuten.

Man darf gespannt sein, wie die Zürcher ihren differenzierten Entwurf durch die kommenden Planungsphasen bringen werden und ob das architektonische Ziel erreicht wird. Immerhin werden täglich Tausende Menschen in Zügen und S-Bahnen an dem langen Haus vorbeifahren. Eine überzeugende und ästhetisch nachhaltige Lösung, die auch für städtebauliche Identität sorgt, scheint hier also dringend geboten.

Spannend bleibt es im Quartier Heidestraße allemal, denn auch der dritte Wettbewerb – dieses mal für das sogenannte Mischgebiet 4.1 direkt südlich des Sondergebiets – wird zeitnah entschieden. Hier sollen auf 28.000 Quadratmetern BGF vor allem Wohnungen sowie Gewerbe, Einzelhandel und eine Kita entstehen. Das Programm ist also differenzierter, der Maßstab kleiner, die Lage zentraler. Das Preisgericht tritt am 11. Mai 2017 zusammen. (gh)


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Kommentare

10

Christopher Schriner | 15.05.2017 10:09 Uhr

Aufgabenverteilung

@Horst: Die Wettbewerbskammer kann kein Wettbewerbsverfahren erzwingen – dazu hat sie kein Mandat.

SenStadt/Frau Lüscher kann ebensowenig verhindern, dass das Grundstück einer Gesellschaft gehört, die einen Planer beauftragen möchte – was fast zwangsweise zu einer eher monotonen Planung führt. Die jetzige Rechtslage kann gute Gestaltung nicht erzwingen – nur hinführen.

9

Achim | 31.03.2017 21:37 Uhr

Kein Wunder ...

... dass immer mehr Städte auf Rekonstruktionen setzen, und der hochpreisige Wohnungsbau auf schwülstigen Neoklassizismus. Das ist zwar nicht immer sinnvoll, aber immer noch besser als diese ins Rechteck gedrückten Belanglosigkeiten.

8

Hans | 29.03.2017 16:01 Uhr

"Feine Matrix"

Hier sind doch nur die Münchner Schuhschachteln entlang der Bahngleise kopiert, und die sind schon alles andere als fein.

7

Horst | 29.03.2017 14:48 Uhr

@Christopher Schriner

Dann wäre es Frau Lüschers Aufgabe?
Oder wer lässt das so durchgehen?

(Die Architektenkammer könnte sich aber für ein besseres/geändertes Vergaberecht/ ein zwingendes Wettbewerbsverfahren einsetzen?)

6

Nichtberliner | 29.03.2017 14:46 Uhr

schon mal gesehen...

Denkt man sich beim Innenhofrendering mal die Außenbestuhlung weg... und ggf. die Freiraumgestaltung reduziert, sieht`s ganz schön trist aus.
Die Fassaden haben wenig Finesse, meiner Meinung nach.

5

auch ein | 29.03.2017 12:57 Uhr

architekt

was ist bei den riesenblöcken bitte eine "feine matrix" ?

4

Architekt | 29.03.2017 12:02 Uhr

vertane Chance

Wieder einmal wird in Berlin die Möglichkeit in guter Lage schöne Architektur von Belang und Wert entstehen zu lassen nicht wahrgenommen. Stattdessen Rasterfassade... mal wieder.

3

Christopher Schriner | 29.03.2017 11:55 Uhr

Aufgaben der Architektenkammer

@Horst Die Kammer kann schwer etwas dagegen tun. Die Kammer prüft „nur“ die Einhaltung der RPW im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens. Ob die Aufgabenstellung sinnvoll ist, ist eine andere Frage. Natürlich äußern sich die Kammern und stellen auch unbequeme Fragen – aber erzwingen kann sie nichts.

2

Horst | 29.03.2017 10:05 Uhr

offener Wettbewerb / Maßstab

..der Gewinnerbeitrag ist ja erstmal völlig okay.

ABER: warum wird in Berlin auf einmal so großmassstäblich gebaut? Hätte man das nicht in kleineren Parzellen mit mehreren Investoren und mehreren (offenen?) Wettbewerben vergeben können?

Warum tut die Architektenkammer da nichts?

1

Stadtplanerin | 29.03.2017 09:37 Uhr

laaangweilig

alles in Berlin scheint momentan gerastert....

 
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3. Preis: gmp, Perspektive Bahngleise

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