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01.04.2006

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Bunkerbiotop. Im Bunkerhotel unter dem Marktplatz von Stuttgart.

Bücher im Baunetz


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Dieses Buch ist eine Preziose für Freunde des Ungewohnten. Es öffnet den Blick für das Ungewohnte, lenkt die Aufmerksamkeit auf das Fremde in unmittelbarer Nähe und entdeckt das Schöne – im vermeintlich Hässlichen.
Mitten in Stuttgart, direkt unter dem Marktplatz, über den sich täglich nichts ahnende Menschen bewegen, befindet sich ein Bunker. Im Krieg zum Schutz vor Bombardements angelegt, diente er bis zum Jahr 1985 als Hotel. Seitdem liegen die mehr als neunzig Räume auf einer Fläche von 40 mal 50 Metern nur wenige Treppenstufen tief unter dem Straßenpflaster im Verborgenen und modern vor sich hin.
Die Mischung aus Feuchtigkeit und dicker Luft ist lebensgefährlich aber auch produktiv und schön. Der Physiker Werner Lorke hat sich mit der Kamera aufgemacht, die Unterwelt des Bunkerhotels zu entdecken, und ein Biotop dokumentiert, in dem aus Tapeten, Kleister und Textilien, Lichtmangel, Feuchtigkeit und wenig Luft, durch Bakterien und Schimmel eine Ästhetik des Morbiden erwachsen ist.


Herausgekommen ist eine Dokumentation, die den Betrachter in eine unbekannte Welt fŸhrt und ihn nach und nach für Themen und Details begeistert, von deren Existenz er nur wenig geahnt hat und die ihn im Zweifel wohl abgestoßen hätten.
Im Bunkerbiotop verdichtet sich eine verblüffende Welt der Farben, Muster und Formen. Die Schichtung der Tapetengenerationen gibt Auskunft über das Formenspiel vergangener Moden, die wirken, als seien sie aktuellen Trendlabors entsprungen. Es gibt Räume, in denen der Zerfall zwar unübersehbar seine Spuren hinterlassen hat, in denen beinahe niedliche Details jedoch eine bedrückende Ironie entstehen lassen. Der Leser schließt Bekanntschaft mit Schimmelornamenten, die vorhandene Muster mit ihren eigenen Spuren, Flächen und Formen fortschreiben. Die Kamera des forschenden Beobachters rückt näher, von der Raumtotale über das Detail einer Lampe oder eines Waschbeckens bis hin zur Makro-aufnahme und spielt mit dem Spannungsfeld zwischen formaler Ästhetik und naturwissenschaftlichem Detail.
Das Buch, das Werner Lorke zusam-men mit dem Stuttgarter Architekten Jörg Esefeld in der Edition Esefeld und Traub herausgegeben hat, ist kein äs-thetischer Fotoband, kein historischer Führer durch die Welt der zahlreichen deutschen Hotelbunker, keine natur-wissenschaftliche Abhandlung über den Schimmelpilz, keine städtebauliche Reportage über eine reizvolle Ortsbesichtigung – sondern es ist von allem etwas und in seiner gelungenen Ausgewogenheit alles zusammen. Ein rundes Werk, das gerade deshalb überzeugt, weil es außerhalb gewohnter Bahnen die Disziplinen integriert und im Zusammen-schnitt ein Bildungserlebnis unkonventionellen Denkmalschutzes vermittelt.


Nicht zuletzt haben sich die Herausgeber das Ziel gesetzt, mit der Publikation die Diskussion für einen nicht genutzten Untergrund in Stuttgart zu beleben. Gönnen wir ihnen auch die praktische Nutzanwendung des Buches in der Hoffnung, dass alle, die sich nicht nur in Stuttgart mit der Nutzung alter Bunker beschäftigen, sich in kongenialer Sorgfalt dem Objekt und seinen Facetten nähern und mit einer passenden Nutzung seine Historie und Gegenwart bewahren.
(Mirko Meurer)



Werner Lorke
Broschiert, 145 S. mit zahlreichen farbigen Abbildungen sowie 26 Großfotos, 49 Euro
edition esefeld & traub,, Stuttgart 2006
ISBN: 3980988724


 
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