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03.07.2009

Die gute Stadt

Bücher im BauNetz


Glas hat mit seiner Eigenschaft als amorpher Baustoff den Ruf, flüssig und vergänglich zu sein. Seine Atome bilden keine geordneten Strukturen, sodass die Oberfläche je nach Verarbeitung wellig oder glatt erscheint. Das Cover des neuen Buches „Die gute Stadt“ von Klaus Theo Brenner zeigt ein Fenster mit welligem Glas, in dem sich ein Gebäude spiegelt, dessen stringenter und logischer Aufbau zu erahnen ist. Sein Spiegelbild gibt die klare kubische Architektur jedoch verzerrt und unförmig wieder. In dieser Darstellung steckt eine Kernaussage des Berliner Architekten: Er konstatiert, Stadt sei die Vielfalt der Erscheinungsformen, und die Schönheit werde in den Gegensätzen formuliert. Das Bild spielt auf zwei Themen der städtischen Architektur an: Erstens die Notwendigkeit einer Ordnung, da sonst der Raum verschwimmt, und zweitens die der Atmosphäre und Ästhetik, da sich die Elemente gegenseitig in ihrer Erscheinungsform beeinflussen.

Zu sehen ist ein Ausschnitt aus dem Entwurf für den neuen Stadtteil Bad Cannstatt in Stuttgart, in dessen Zusammenhang er beklagt, dass die Erfahrung mit städtischer Architektur schwindet. In der heutigen Zeit sei die Selbstdarstellung der Architekten wichtiger als das leise, bedachte Entwickeln und Einfügen. Stadt ist aber als ein zusammenhängendes System wichtiger als ihre Einzelteile. Brenner ist nicht der erste Architekt, der diese Entwicklung in der Architektur kritisiert. Sein Buch beklagt den Zustand aber nicht nur, sondern präsentiert sich als Lösungsvorschlag.

Das Buch ist im Gebr. Mann Verlag erschienen und hat im Gegensatz zu den vorherigen Büchern des Architekten einen magazinartigen Charakter. Die Projekte und Texte wurden teilweise in vorherigen Büchern in anderer Form veröffentlicht. Es gliedert sich in sechs Abschnitte, in denen Material zusammengetragen wurde, das gebaute und geplante Projekte vom Stadtteil bis zum Privathaus, Fassadestudien sowie Aufsätze umfassend vorstellt. Damit legt der Architekt dar, was er zum Thema Stadt zu sagen und zu zeigen hat. Der Aufbau ist gleich dem eines Kataloges zum Durchblättern. Die Projektbeschreibungen formulieren knappe Informationen, sofern sie überhaupt vorhanden sind. Damit soll eine größere Zielgruppe angeregt werden, sich ein Bild vom Planen in der Stadt zu machen, ohne in den theoretischen Diskurs einsteigen zu müssen. Da die Arbeiten aber auf einem theoretischen Fundament aufbauen, ist eine derartige Darstellung ein gewagter Schritt. Es bleibt nicht aus, sich mit dem Gedankengut und der Theorie zu befassen, wenn man verstehen möchte, was man sieht.

Brenners Aufsatz am Schluss bringt das nötige Licht ins Dunkel. Die Monografie bereichert den Architekturdiskurs mit einer klaren Haltung. Seine Entwürfe gründen auf geschichtlichen und theoretischen Grundlagen. Damit verfolgen sie nicht den Zweck der Selbstverwirklichung, sondern stellen einen Versuch dar, die Theorie in die Praxis zu übertragen. Statt dem Ort seinen Stempel aufzudrücken, ist Klaus Theo Brenner darauf bedacht, eine ortspezifische Architektur zu entwerfen.

Das Kapitel der gebauten Projekte macht durch die Vielfältigkeit der Formen und Materialien deutlich, dass das Repertoire des Architekten weitaus mehr als die klassische Formensprache beinhaltet. Den Eindruck könnte man im vorderen Teil nämlich zwischendurch gewinnen, da sich die Projekte durch den klassischen städtischen Duktus und die wiederkehrende Bildersprache – Renderings mit immer gleicher Farbe und Helligkeit, gefärbte Perspektiven - beim Blättern sehr ähneln. Angenehm ist, dass hier nicht der Versuch unternommen wurde, Unterscheidungen durch andersartige Darstellungsweisen künstlich zu erzeugen.

Bei der Planung neuer Stadtteile besteht seit jeher das Problem, den richtigen Ausgleich zwischen Rationalität und Atmosphäre, Gleichheit und Abwechslung zu finden. So haben komplett neu gestaltete Stadtteile stets einen unnatürlichen Charakter, was mehr der Aufgabe als dem Architekten anzulasten ist.  (Kerstin Kuhnekath)

Die gute Stadt: Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur


Gebr. Mann Verlag, Juni 2009
272 Seiten, broschiert, 39 Euro

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