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01.01.1997

Betz Architekten

Bücher im BauNetz


„Grenzfall und Überforderung"...
...heißt es auf der 74. Seite des Buches "Betz Architekten". Und man fragt sich an dieser Stelle, ob man soeben auf das Motto des vorliegenden Buches gestoßen ist.

Ein Grenzfall...
...ist das Buch sicherlich: Man hat bis hier vielleicht immer noch nicht erkannt, ob es sich um einen Werkkatalog eines erfolgreichen deutschen Architekturbüros handelt, oder schlichtweg um eine - zugegebenerweise prächtig gestaltete und üppig ausgefallene - Werbebroschüre. Aber vielleicht ist diese Erkenntnis auch nicht weiter wichtig, denn spätestens auf der letzten Seite des Buches erfährt man, daß ein Mitarbeiter von Betz Architekten die Konzeption und Gestaltung des Buches über das eigene Werk selbst in die Hand genommen hat - und sicherlich hat das Büro auch zum Großteil zur Finanzierung beigetragen.

Überforderung...
...trifft nur in einem Punkt zu (und das nicht auf intellektueller Ebene, aber dazu später): Das Buch ist unübersichtlich gestaltet. Den vielen farbigen und schwarzweißen Bildern der Projekte fehlen nicht nur die Bildunterschriften, es ist darüber hinaus auch schwer nachzuvollziehen, in welchen Jahren die Bauten entstanden sind. Und so blättert man vom Foto zum Anhang mit Projekt- und Bildnachweis, von dort zum Vorwort und wieder zum Foto zurück. Das ist schon recht anstrengend und wird noch dadurch erschwert, daß viele Seitenzahlen schlecht zu erkennen sind - häufig befinden sie sich in den großformatigen Fotos.

Die Kapitel...
...sind (in üblicher Weise) nach der Art der Projekte gegliedert und geschmäcklerisch überschrieben: wohnen - lernen - soziales - zonen der ruhe - arbeiten - gestalten. Man sieht gut fotografierte und stimmungsvolle Aufnahmen, die Außen- und Innenansichten einer funktional und stilistisch sehr unterschiedlichen Architektur zeigen. Neben eher kleinen Bauten wie Wohnhäusern stößt man schließlich auch auf Bekanntes: Unter anderem werden der ausgezeichnete Bau der Münchner Hypobank-Hauptverwaltung (mittlerweile zum Wahrzeichen der Stadt geworden), das gerade fertiggestellte Landeskriminalamt Berlin und das Kurgastzentrum in Bad Reichenhall dargestellt.

Eher eine Unterforderung...
...stellt das Buch für jemanden dar, der nicht nur Bilder anschauen möchte, sondern sich auch für die Hintergründe interessiert, z.B. wie die Projekte entstanden sind oder in welchem (historischen, städtebaulichen...) Kontext sie stehen: Auf knapp 200 Seiten findet man gerade mal rund 20 Seiten Text. Es sind so wenige Erläuterungen der Architekten zu finden, daß es sich unbedingt empfiehlt, das Vorwort nicht einfach zu überblättern, sondern es ausnahmsweise zu lesen. Es stammt von Gottfried Knapp, einer gutbezahlten Edelfeder, dessen Werke sonst im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung genossen werden können. So läßt sich kaum erklären, daß er sich bereit erklärte, dieser Hochglanzbroschüre noch einen Hauch intellektuellen Anspruchs zu verleihen. Knapp läßt die Geschichte des Büros Revue passieren, wobei er einzelne Projekte vorstellt. In der Gegenüberstellung zweier Einfamilienhäuser stellt er einen Bezug her, der dem Leser sonst verborgen geblieben wäre. Hierin zeigt Knapp sich dem Hauptteil des Buches weit überlegen, da sich darin kein weiterer Zusammenhang finden läßt. Das ist angesichts der Wortarmut des Buches nicht verwunderlich. Leider gibt es etwas, das noch seltener ist als Text: Pläne oder Skizzen, die eigentlich jedes gute Architekturbuch bereichern, fehlen hier fast völlig. Das Erstaunlichste an dem Buch ist aber eigentlich, daß ein Büro, das in den letzten 40 Jahren so komplexe und auch verschiedene Bauaufgaben bewältigt hat, sich nicht differenzierter darstellen möchte. Vielleicht glaubt man bei Betz Architekten einfach, die Bilder sprächen für sich.
Manuela Schubert

Gottfried Knapp
Gebunden, Leinen mit Schutzumschlag, 192 Seiten mit ca. 130 Abbildungen, davon 70 in Farbe, Text deutsch/englisch,
Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen / Berlin 1997
ISBN: 3-8030-0170-6


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