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01.01.2000

Hundert Jahre Hochhäuser

Bücher im BauNetz


Hochhäuser einmal anders
Eine Dokumentation der „etwas anderen Art“ ist das vorliegende Werk von Bruno Flierl. Es ist nicht - wie vielleicht zu erwarten - eine enzyklopädische Aufzählung von Leistungen oder Aneinanderreihung von Hochglanzbildern zahlloser Wolkenkratzer der Neuzeit. Vielmehr stellt der Architekturkritiker die Hochhausentwicklung in den Dienst der Stadt und ihrer Geschichte und macht so deutlich, dass sich das Werden eines einzigen Haustyps ebensowenig wie das einer Stadt an verschiedenen Orten der Welt gleichen kann. „Idee und Wirklichkeit, Projekt und Bau von Hochhaus und Stadt im 20. Jahrhundert - und kein Ende? Das ist das Thema, um das es hier geht." - Kein architektonisches, ein stadthistorisches Nachschlagewerk, das neben umfangreichen Literatur-, Personen-, Abbildungs- und Ortsverzeichnissen auch bequem und unauffällig auf den Seiten untergebrachte Anmerkungen enthält. Die Abbildungen sind vom Autor großenteils selbst fotografiert oder gezeichnet und besitzen eher dokumentarischen als dekorativen Charakter.


Der politische Kritiker
Flierl ist ein gewissenhafter und ein politischer Kritiker. Die Strukturierung des Buches zeigt auf, wohin er weisen will: Den in ihrer politischen Geschichte höchst unterschiedlichen Kontinenten Amerika, Europa und Asien ist jeweils ein Kapitel gewidmet, das mit einem sehr hilfreichen Vorwort zu Hochhäusern und Städten des jeweiligen Kontinents eingeleitet wird. Die weitere Unterteilung in einzelne Städte ist nur logisch. So bildet der Autor die Grundlage für die historische Betrachtung der städtischen Entwicklung bis zu den Skylines, die wir heute kennen. Die von ihm selbst gezeichneten Stadtsilhouetten, auf eine Zeitleiste des 20. Jahrhunderts gestellt, beleuchten die Einmaligkeit jeder Stadtgeschichte. Fortschrittsdemonstrationen wie der Eiffelturm und die utopisch-ideologischen, vor allem die kommunistischen Kreationen des beginnenden 20. Jahrhunderts zeigen die Vielfältigkeit in der Bedeutung des Höhenstrebens.


Die Welt der Hochhäuser
Das erste Kapitel „Vom Hochhaus zur Hochhausstadt“ geht grundsätzlich auf die Zusammenhänge ein, die dem Leser fehlten, wäre er einzig mit den Städtebetrachtungen konfrontiert. Die Faktoren der Hochhausentwicklung, Hochhaustypologie - Block, Scheibe, Turm und ihre Kombinationsmöglichkeiten -, Überlegungen zur architektonischen Gestaltung sowie die Beziehung von Hochhaus und Stadt, die wirtschaftlichen Bedingungen für den Bau und eine Aussicht auf die zu erwartenden Bewegungen machen neugierig auf die verschiedenen „Hochhauskarrieren“ der Weltstädte. Sachlich und wissenschaftlich wird in diesem Abschnitt jedem Argument Platz gelassen; immerhin ist das Buch Ergebnis jahrelangen Reisens und Forschens. Spaß an der Lektüre werden allerdings weniger die eiligen Studenten auf der Suche nach dem verwendbaren High-Tech-Detail haben, dafür erreicht die Betrachtung Gesellschafts-, Architektur- und Stadtforscher.


Welches hohe Haus in welcher Stadt der Welt?
Ein grundlegender Wechsel in der Wahrnehmung des „Hochhauses“ könnte das Ergebnis der Lektüre sein: Das hohe Haus hat in Amerika, Europa und Asien vielfach die gleiche Erscheinungsform und ähnliche Auswirkungen auf die Stadtgestalt. Die Beweggründe jedoch, sich dem Hochhaus als architektonische Lösung und unübersehbarem Symbol anzuvertrauen, sind überall unterschiedlich. Ebenso wenig übertragbar sind die Einflüsse der Hochhäuser auf das jeweilige städtische Leben und die Identität der Stadt. Flierl stellt die gebrochene Geschichte Berlins neben die traditionell geschäftsgeprägte amerikanische Großstadt und die revolutionären Monumentalplanungen Moskaus neben die fernöstlichen Instant-Stadtentwicklungen aus dem Trockenpulver westlichen Gestalt- und Technologie-Know-Hows. Wem die Eindringlichkeit, mit der hier um das Verständnis des Lesers für die Zusammenhänge zwischen Gesellschaft, Haus und Stadt geworben wird, als Argument zum Kauf des Buchs nicht ausreichen sollte - wo sonst bekäme man eine komprimierte Baugeschichte des 20. Jahrhunderts von New York, Paris, London, Frankfurt am Main, Moskau, Berlin, Singapur, Hongkong und Shanghai an die Hand? (Vivian Maempel)


Bruno Flierl
Gebunden, 264 Seiten mit 362 Abbildungen,
Verlag Bauwesen, Berlin 2000
ISBN: 3-345-00677-4



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