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01.01.2006

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Umbauen Sanieren Restaurieren - 28 Gebäude aus 8 Jahrhunderten

Bücher im BauNetz


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Deutschland ist gebaut. Die Zukunft gehört dem Planen und Bauen im Bestand. Es wird für Architekten und Handwerker die Bauaufgabe der Zukunft werden. Bücher gibt es zu diesem Thema bereits viele. Der erste Band der Edition Bauhandwerk zeigt aber nicht nur was, sondern vor allem wie Gebäude aus einer rund 800jährigen Entstehungszeit - von der gotischen Kathedrale bis hin zum Wohnhaus der 1970er Jahre - umgebaut, saniert oder restauriert wurden.

Das ist ein Novum auf dem deutschen Buchmarkt. Gegliedert nach Epochen werden auf über 300 Seiten an 28 Beispielen die typischen Planungs- und Bauaufgaben im Umgang mit den Materialien und Konstruktionen aus der Entstehungszeit der Gebäude deutlich. Hier gibt es im Planen und Bauen mit der als 1:1-Modell vorhandenen Bausubstanz sehr viel zu entdecken und zu lernen, was sowohl Handwerker als auch Architekten gut auf ihre eigenen Projekte übertragen können.

Die prozessorientiert gehaltenen Texte werden von einer umfangreich bebilderten Baustellendokumentation mit zahlreichen maßstäblichen Plänen und Zeichnungen begleitet. Das macht dieses Buch nicht nur zu einem Grundlagenwerk im Umgang mit historischer und neuerer Bausubstanz sondern auch zu einem praxisbezogenen Arbeitsbuch.

Peter Rumpf, langjähriger Chefredakteur der Architekturfachzeitschrift "Bauwelt", hat den Band 1 der Edition Bauhandwerk besprochen:

Collin Klostermeier, Thomas Wieckhorst: Umbauen, Sanieren, Restaurieren. 28 Gebäude aus 8 Jahrhunderten. Edition Bauhandwerk

Schlagzeilenträchtige Neubauten wie Museen, Stadien, Bahnhöfe oder ganze Städte in China täuschen darüber hinweg, dass das hiesige Bauvolumen eher ab- als zunimmt und sich zudem verändert. Auch wenn sich die Ausbildung an vielen Hochschulen immer noch gern auf das Entwerfen spektakulärer Solitäre stützt, ist der praktizierende Architekt zunehmend mit Projekten konfrontiert, die seine Kreativität auf Feldern fordert, die er zu beackern kaum gelernt hat: dem Bauen im Bestand, wie es missverständlich heißt, weil damit nicht die Baulückenfüllung gemein ist, sondern der Umgang mit bereits vorhandenen Gebäuden in unterschiedlich intakten Zuständen. Und das kompetent zu beherrschen - von der Materialkunde, handwerklichen Tradition, dem Improvisieren bis zur zuverlässigen Kostenschätzung - erfordert große Erfahrung und die Zügelung entwerferischen Ehrgeizes, also die Demut vor dem von anderen Generationen Erschaffenen.

Erfahrung vor allem, auch das Lernen aus Fehlern, das Akzeptieren von Kompromissen und u.U. der konstruktive Umgang mit der Denkmalbehörde, der konfliktreiche Ausgleich zwischen den Maximalforderungen des Bauherrn und den Grenzen, die die vorgefunden Substanz setzt, also auch den Grenzen, hinter denen die Entstellung, wenn nicht Zerstörung des Gebäudes beginnt. Das vorliegende Buch will dabei helfen. Es kann learning by doing nicht ersetzen, es kann aber die Einstimmung auf das für manchen Architekten noch unbekannte Gelände erleichtern.

Wie wird das versucht? Zunächst: Wer versucht es? Die beiden Autoren sind Mitarbeiter der Redaktion "Bauhandwerk" und folglich mit dem Thema bzw. den Beispielen, die sie in ihrem Buch versammelt haben, bestens vertraut. Ergänzt werden sie von einem einleitenden Essay von Jörg Schulze, Praktiker, Denkmalexperte und Lehrer an der Universität Düsseldorf. Dennoch stehen sie vor der Quadratur des Kreises, nämlich möglichst viele unterschiedliche Projekte vorzustellen, gleichzeitig aber jedes davon sachkundig, ausführlich und anschaulich zu beschreiben, so dass die individuelle Chronik des Hauses, die Aufgabe, die Problematik und Überraschungen - erfreuliche wie missliche - plausibel und nachvollziehbar werden.

Aus Erfahrung weiß ich, wie schwierig schon die Publikation eines Neubaus sein kann, d.h. wie unvollkommen Text, Zeichnungen und Fotos in der Lage sind, einem "Fremden" ein komplexes Gebäude anschaulich werden zu lassen. Die Aufgabe wird nicht leichter, wenn es um Denkmalschutz, Nutzungsänderung, Bauphysik und Bauchemie, Sanierungspraxis oder die kunsthistorische Bewertung von Spolien, Funden und Alternativen geht. Zudem erinnern die Fotos von aufgestemmten Böden, parasitenbefallenen Sparren, verrosteten Ankern oder verrotteten Installationen eher an Lehrmaterial aus dermatologischen Fachbüchern als an Architektur.

Dennoch, die 28 Beispiele - von kleinen Katen über Villen bis zu Jahrhundertbauten wie dem Altenberger Dom oder der Alte Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel - geben eine Ahnung von der Spannweite, die das Aufgabenfeld für den Architekten bereithält. Die Baudaten des zu behandelnden Materials reichen von der Gotik bis zur Nachkriegszeit.

So unterschiedlich die Bauten sind, so wenig vergleichbar sind die individuellen "Krankheitsbilder" und damit die Entscheidungen, vor denen die Beteiligten, Architekt, Baufirma, Handwerker, Behörde und Bauherr, stehen. Die Beispiele verweigern sich jeder Katalogisierung. Um dennoch eine Systematik zu finden, entschieden sich die Autoren für die Chronologie, genauer, für die klassischen bauhistorischen Epochen: Gotik und Renaissance, Barock und Rokoko, Klassizismus und Historismus, Jugendstil, Moderne, Nachkriegszeit. Was aber nicht bedeutet, dass die Probleme, die es jeweils zu bewältigen gilt, dadurch gegeneinander abzugrenzen sind. Oft liegen mehrere Umbauepochen "übereinander" oder die bauphysikalischen Probleme treten so umfangreich auf, dass Text und Bildmaterial an ihre Grenzen stoßen.

Ein Lehrbuch ist es nur im eingeschränkten Sinne geworden, dafür fehlt - zugunsten der Beispielvielfalt - die erschöpfende Ausführlichkeit. Auch wenn Detailzeichnungen im Maßstab 1:20 oder 1:10 das Verständnis erleichtern, muss bei manchem "Fall" der Wunsch nach Vertiefung, auch nach dem Hinweis auf die Kosten, unerfüllt bleiben. Oder der Wunsch, von den zum Teil abenteuerlichen Geschichten mancher Gebäude noch mehr zu erfahren. Wie gesagt, die eigene Praxis in diesem eher neuen Aufgabenfeld kann und will das Buch nicht ersetzen, aber es erleichtert einem den Einstieg in diese komplexe Materie sehr. Es lässt ahnen, wie aufregend es für den Architekten werden kann, wenn die erste Wandverkleidung abgenommen wurde...
(Peter Rumpf)

Edition Bauhandwerk
320 Seiten, Format 23 x 30 cm, Hardcover, 59,90 Euro
ISBN 3-7625-3612-0
Bauverlag, Gütersloh, 2006


 
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