Platz 8
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November / Dezember 2014

Bauhaus-Universität Weimar

Unterwegs

Eine Herberge am Rennsteig

von Kaja Gerstein

Hochschule:

Bauhaus-Universität Weimar

Abschluss:

Bachelor

Präsentation:

13.08.2014

Lehrstuhl:

Entwerfen und Raumgestaltung, Prof. José Mario Gutierrez Marquez

Rubrik:

Hotelbauten

Software:

ArchiCAD, Adobe Creative Suite

Zwei Wege unterschiedlicher Art, eine Landstraße und ein Wanderweg, kreuzen sich an einer Freifläche. Der Wanderweg, auf dem man hier entlang geht, zählt zu den bekanntesten in Deutschland. Der ausgewählte Standort liegt am Rennsteig, 4 km entfernt von Oberhof in Thüringen. Von Eisenach an der Werra bis Blankenstein an der Saale zieht er sich 169 km über den Kamm des Thüringer Waldes. Bei der Freifläche handelt es sich um einen Ort des Ankommens und Aufbrechens, des Rast Machens und Vorbeigehens.

Die verschiedenen Arten des Unterwegs Seins, die hier aufeinander treffen, machen den Ort zu einem interessanten Standort für eine Herberge, welche die unterschiedlichen Verfassungen der Gäste berücksichtigt. Die Architektur soll Kommunikation und Austausch anregen, aber auch Rückzugsmöglichkeiten bieten und das Verlangen nach Ruhe stillen.

Die Herberge bietet Platz für 6 bis 12 Personen und verfügt außerdem über eine kleine Wohnung, die von ein bis zwei Gästen, welche sich nach Kontemplation in der Natur sehnen, über einen längeren Zeitraum bewohnt werden kann. Zur Straße hin wirkt der Baukörper schwer und geschlossen. Die Fassade weist zwei versteckte Eingänge auf, welche den Vorbeifahrenden einen kurzen Einblick in das Innenleben des Gebäudes gewähren. Hinter der langen Wand befindet sich der Erschließungsgang, welcher parallel zu den bereits vorhandenen Wegen verläuft und von oben indirekt belichtet wird. Das Gebäude öffnet sich zum Wald hin mit großen Fenstern. Sechs Schlafkojen sind hier in den Baukörper eingesteckt und auch die Kommunikations- und Aufenthaltsräume sind der Natur zugewandt.

Die Ausstattung der Herberge ist einfach und auf das Notwendigste reduziert. Ein zentrales Thema ist die Holzfeuerung. Zwei Öfen, welche auch als Kochstelle dienen, sind an der Nord- und Südseite in ein Volumen aus Schwerbeton eingelassen, welches sich skulptural in die Länge des Gebäudes entwickelt. Durch die Zirkulation von Wasser innerhalb des Schwerbetonkörpers wird die Wärme transportiert und im Beton gespeichert. Einschnitte innerhalb des Volumens bieten Platz für Funktionen mit erhöhtem Wärmebedarf, wie Schlafnieschen und Baderäume.

Das Gebäude vermittelt zwischen den verschiedenen Arten des Unterwegs Seins. So dient die Architektur gleichermaßen als Ort des Vorbeigehens und bietet Wanderern die Möglichkeit Kraft für die nächste Etappe zu tanken, als auch als vorbereitende Pufferzone für diejenigen die ihre Wanderung auf dem Rennsteig hier beginnen. Die klare Formensprache und die reduzierte Materialwahl von Fichtenholz, Beton und Gusseisen lässt einen Ort der Kontemplation entstehen, an welchem die Gäste zur Ruhe kommen können. Die Ausrichtung des Gebäudes zum Wald schärft den Blick auf die Natur. Die spartanische Ausstattung und der Gebrauch der Holzfeuerung als einzige Wärmequelle fördert die Wertschätzung von Ursprünglichkeit und lässt alltägliche Gedanken und Probleme in den Hintergrund treten.