Platz 8
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Januar / Februar 2014

Fachhochschule Kaiserslautern

Erweiterung des Friedhofs San Michele, Venedig

Extension of the Cemetery San Michele Venice

von Johannes Brill

Hochschule:

Fachhochschule Kaiserslautern

Abschluss:

Bachelor

Präsentation:

16.01.2014

Lehrstuhl:

Professor Ulrich Hamann

Rubrik:

Kulturbauten

Software:

Vektorworks

Ein Ort der Bestattung muss den spirituellen Vorstellungen der Angehörigen gerecht werden und den Hinterbliebenen eine dauerhafte Stätte der Verlustbewältigung, Trauer und Kontemplation bieten.

Der Entwurf für einen Friedhof in Venedig setzt diesen Anspruch um. Die Anlage präsentiert sich zur Lagune hin als Anlegestelle zum Reich der Toten. Rechts und links definieren zwei Gebäudeblöcke eine Portalanlage mit einer großzügigen Freitreppe.
Die Baukörper sind in regional vorkommendem Travertin gehalten und zitieren mir ihren Arkaden Stilelemente des Dogenpalastes.
Die Treppenanlage ähnelt dabei eher einem Platz als einer Vertikalerschließung. Die stetige Steigung symbolisiert den Lebensweg, der mit der Schwelle zum Reich der Toten endet.

Die Aussegnungshalle orientiert sich zur Uferkante hin. Durch einen Spalt im Boden reflektiert das Wasser der Lagune das Sonnenlicht an die Rückwand des Raumes. Diese optische Inszenierung, das Lichtspiel des Wassers, ist gleichsam eine Allegorie, eine Rückbesinnung auf das Leben des Verstorbenen. Weiterhin wird der Saal durch Oberlichtschächte in eine kontemplative Lichtstimmung getaucht. Diese Art der Lichtführung verdichtet den meditativen Charakter des Raumes und blendet jede Form der Ablenkung durch äußere Einflüsse aus.

Den Übergang vom Aussegnungstrakt zum Friedhof bildet ein offener überdachter Bereich, der von den Lichtschächten der im Untergeschoss befindlichen Sarg-Zellen gegliedert wird.

Im Untergeschoss werden die Verstorbenen mit dem Schiff direkt in den Gebäudekomplex überführt. Hier findet die hygienische Totenversorgung, kosmetische Behandlung, Einkleidung und, Einbettung in einen Sarg statt. Den Sargzellen sind Besucherräume angegliedert, die den Angehörigen zur individuellen Trauerbewältigung zur Verfügung stehen.Die Schächte, die über dem Sarg angeordnet sind, geben einer transzendenten Vorstellungen, von einem überwechseln in ein höheres Reich - ein emporsteigen der Seele - eine architektonische Ausprägung.

Technische Betriebsgebäude und die zentralen Administrationsbereiche folgen dem gleichen Duktus wie der Aussegnungstrakt. Die Zugänglichkeit und die Anlieferung erforderlicher Materialien und Geräte erfolgt über die Lagune im Untergeschoss.
m Erdgeschoss befinden sich Wohnbereiche, Wirtschaftshöfe, Räume mit administrativer Nutzung und Personalräume. Nach Außen hin schirmen sich diese Bereiche mit geschlossenen Mauern ab, stehen jedoch in Wechselwirkung mit Lichthöfen, die den Nutzern eine intime Atmosphäre bieten.
Diese introvertierten Bereiche gewährleisten eine hohe Funktionalität ohne jedoch die pietätvolle Stimmung der Anlage zu stören.

Losgelöst von konfessionell gewidmeten Vorstellungen schafft die Architektur einen Hintergrund für unterschiedliche Rituale und Formen des Abschieds.
Dabei wird das Entwurfskonzept durch zurückhaltende Zitate venezianischer Architektur aber auch durch die Materialwahl und das Begrünungskonzept regional verortet.