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Changchun Hills

Ort
Changchun
Gebäudekategorie
Geschosswohnungsbau
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2016
Material Fassade
Putz
Architektenpreis
China Real Estate Award 2010 (Jilin Province)
„Changchun Hills“ ist eine in vieler Hinsicht neuartige Wohnsiedlung in der nordchinesischen Industriemetropole Changchun. Sie entsteht zurzeit auf dem Gelände einer weitläufigen Fabrik, die dort von 1948 bis 2010 Dieselmotoren produzierte, auf halbem Weg zwischen Flughafen und Innenstadt. Das Projekt beinhaltet eine lebendige Gewerbezone, die sich unter Bezug auf das Gründungsjahr der Fabrik „Changchun 1948“ nennt, die Gastronomie, Retail und kleine Büroflächen umfasst und damit den Übergang zum urbanen Raum herstellt.
Neuartig für China und für eine Wohnnutzung an sich, noch mehr aber für eine gehobene, ist der teilweise Erhalt von Fabrikgebäuden, die gewollte Sichtbarmachung von Industriekultur und alter Nutzung (sogar in einem eigenen kleinen Museum) und die Mischung von Wohnen und kommerziellen Nutzungen in einer Zwischenzone.

Aus einem siegreichen Gutachten entwickelte sich eine komplexe Planungsaufgabe, die sowohl städtebauliche Planung und Umnutzungskonzept als auch Entwurfsplanung der Wohngebäude, Landschaftsplanung und sogar Teile der Innenarchitektur umfasst.

Naturgemäß legen europäische Planer bei derartigen Projekten ein Hauptaugenmerk auf das industrielle Erbe; das war vom Investor durchaus beabsichtigt. Unterschiedliche Strategien wurden umgesetzt, die vom kompletten Erhalt einzelner Gebäude (z.B. das zentrale Clubgebäude) über den Erhalt einzigartiger, manchmal eigenartiger Relikte (Schornsteine und Wassertürme, Schienen und Zäune, Tragstrukturen und Maschinen) und deren Nutzung als quasi Artefakte reichen, bzw. der Wiederverwendung vorgefundener Baumaterialien (hauptsächlich Ziegel) für Wegpflaster, Mauern und nachgezeichnete, der Erinnerung festgehaltene Gebäudefundamente oder –mauern.
Sog. „Zeitgärten“ integrieren diese Elemente in Höfen, Plätzen und Spielplätzen entlang einer gewundenen Zeitlinie, die das strenge Wegenetz konterkariert.
Viel Mühe wurde in der Gewerbezone auf neue Gebäude verwandt, die, wenn schon die alten nicht vollständig erhalten werden konnten, diesen zumindest wesensverwandt sind.  
Ein einprägsames Merkmal des Areals konnte dagegen fast vollständig erhalten und in die Landschaftsplanung integriert werden: endlose Alleen aus über 60 Jahre gewachsenen Baumriesen, die im strengen rechteckigen (noch vom sowjetischen Städtebau inspirierten) Raster das Grundstück durchkreuzen und nun als breite Boulevards allein den Fußgängern gehören.

Die Wohngebäude sind sämtlich bis zu 100 Meter hohe Hochhäuser, wobei diverse Abstufungen zwischen 11 und 33 Geschossen eine lebendige Skyline erzeugen. Prinzipiell sind die größeren  Wohnungen (160/200m² BGF) in den niedrigeren Gebäuden untergebracht, die kleineren (130/150m² BGF) in den höheren.
Die einheitliche Farbgebung ist Referenz für die ehemalige Industrienutzung: ziegelrot und stahlgrau. Die Südfassaden bieten durch die rhythmisch wechselnde Position der Balkone eine heitere, lebendige Erscheinung. Die Eingangsfoyers vermitteln eine repräsentative, gleichzeitg wohnlich-warme Stimmung.
 
Das Projekt ist eine erfolgreiche Fallstudie für den Umgang mit aufgelassenen Industriearealen, die im rasanten wirtschaftlichen Wandel Chinas fast ausnahmelos zerstört werden. Es ist auch ein gutes Beispiel für den einfühlsamen, nicht anbiedernden Einbezug von örtlicher Kultur, Bauweise und Stadtplanung.

Ort: Changchun / China
Auftraggeber: Vanke Real Estate Co., Ltd.
Grundstücksfläche: 25 ha
BGF: 480.000 m² (plus 76.000 m² unterirdische Nutzungen)
Planung (Städtebau, Architektur, Innenarchitektur): 2009-2011,
in Zusammenarbeit mit Stefan Schmitz Architekten
Landschaftsplanung: Atelier Dreiseitl
Fertigstellung (1. Bauabschnitt): 2013
Fotos: Jia Fang Photography Co., Ltd. (1,3,4,5,7,8)