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NIEBERG I ARCHITECT atelieraxelnieberg

Villa in Celle

Das ca. 2.000 qm große Grundstück liegt in einem gewachsenen Wohngebiet vis-à-vis der Aller- Flussauen nahe der niedersächsischen Stadt Celle. Das Grundstück wird als Hintergrundstück über eine 30 m lange Auffahrt erschlossen und grenzt in östlicher Ausrichtung direkt an ein Waldstück. Der westliche Bereich des Grundstücks ist mit einem alten Baumbestand bewachsen. Von Nordosten nach Südwesten ist die Topographie leicht abschüssig. Die vorhandenen Höhensituation wurde nicht neu modelliert, sondern stellt vielmehr den Entwurfsansatz für die Gebäudekubatur dar.

Den höchsten Gebäudeteil bildet ein zweigeschossiger Riegel zum Wald, welcher sich brüstungshoch in den Hang schiebt. Die übrigen eingeschossigen Gebäudeelemente sind pavillionartig gestaltet und ermöglichen durch ihre niedrigere Ausformung den Blick in die umliegenden imposanten Bäume. Durch die Gliederung in mehrere Kuben ergibt sich eine interessante reliefartige Gebäudefigur, die durch ein Spiel von Licht und Schatten geprägt ist. In nördlicher Ausrichtung wird das Gelände mit Stützmauern aus Sichtbeton bzw. Ziegeln abgefangen. Die großzügigen Terrassen gen Süden sind als klar definierter Sichtbetonsockel zum Garten gesetzt. Die Höhenüberwindung zum Garten erfolgt über angestellte bzw. integrierte Sichtbetontreppen.

Um Zurückhaltung zum angrenzenden Wald auszuüben, wurde für die Villa ein anthrazitfarbener rauher Ziegel gewählt. Der handwerkliche Charakter des Steins wird durch eine breite Mörtelfuge weiter gesteigert. Die reduzierte Farbigkeit des Gebäude integriert sich in die Farbenvielfalt des Waldes. Durch die dunkle Farbe der Fassaden verkleinert sich die optische Wirkung des Gebäudes.

Der Zugang zum Gebäude erfolgt als privater Eingang zurückhaltend und nicht einsehbar über ein vorgelagertes Atrium. Ein Ahorn als intensiver Herbstfärber akzentuiert das Atrium, welches mit seiner hinterleuchteten Sichtbetonbank auch als Ruheraum dient.
Als Empfangsraum des Hauses dient eine klassische Diele. Diese dient auch als Verteilungsraum und hat durch großflächige Verglasungen direkte Außenraumbezüge. Nach der sehr auf sich bezogenen Eingangs-situation ist dies ein eindrucksvoller Überaschungseffekt beim Eintreten in das Gebäude. Transluzente Glastüren trennen die Diele einerseits zum Wohnbereich andererseits zum Arbeitsbereich mit angegliederter Garage ab. Der Abgang zum Keller führt um einen eingestellten rauhen Sichtbetonkubus. Im Kellergeschoss sind Abstellräume und die Technik angesiedelt. Zusätzlich gibt es für die Kinder einen Sport- und Spielraum.

Der gesamte Wohnbereich ist offen mit fließenden Raumübergängen gestaltet. Lediglich eine zonierende Wandscheibe trennt die Küche vom Essbereich. Die Küche ist mit ihrer weissen Farbgebung und der exakten Linienführung zurückhaltend gestaltet. Eine Frühstücksterrasse grenzt direkt an die bodentiefen Küchenfenster, durch die ein ungehinderter Blick auf eine alte Kiefer, die als Naturdenkmal geschützt ist, freigegeben wird. Als Funktionsraum für die Küche dient ein klassischer Lebensmittelraum.

Der Wohnbereich erhält durch eine Sichtbetonwandscheibe mit integriertem Kamin eine besondere Akzentuierung. Durch die klar gesetzten Blickachsen und die L-förmige Anordnung des Wohnbereichs ergeben sich vielfältige Sichtbeziehungen in den Garten und zum Wald.

Für die Kinder ist ein eigener Trakt gestaltet worden, der durch einen eigenen Flur erschlossen wird und sich an den Wohnbereich anfügt. Zukünftig kann dieser Trakt auch für Gäste als separierter Bereich genutzt werden. Die raumgreifenden Verglasungen der Kinderzimmer bieten einen direkten Außenraumbezug zum Wald. Für die Kinderräume wurden die Möbel aus Eiche entsprechend des Fußbodens entworfen um einen zeitlosen Charakter mit einer wohnlichen Atmosphäre zu schaffen.

Der Elternbereich befindet sich im Obergeschoss des zweigeschossigen Gebäudeteils. Dieser wird über eine massive Sichtbetontreppe mit flankierender Beleuchtung aus dem Wohnbereich erschlossen. Ein langgestrecktes Oberlicht gibt den Blick in den Himmel frei und sorgt für samtiges Streiflicht auf den Wänden. Die Fassadenöffnungen im Obergeschoss sind in alle Himmelsrichtungen gesetzt. Dadurch ergeben sich vielfältige Lichtstimmungen über den gesamten Tag. Eine dem Schlafzimmer vorgelagerte Loggia dient als optische Raumerweiterung und als konstruktiver Sonnenschutz gen Süden. Das Elternbad hat einen direkten Zugang zu einer großflächigen mit Douglasienholz belegten Dachterrasse. Direkt an das Bad ist eine Sauna angefügt, von der aus durch ein raumgreifendes Fenster ein Ausblick in die umliegenden Bäume ungestört möglich ist. Ein Wäscheraum und eine zentral gesetzte großzügige Ankleide bilden die Funktionsräume im Obergeschoss.

Die Atmosphäre des Hauses ist durch seine natürlichen Materialien in Verbindung mit den eindrucksvollen Blickachsen in den Außenraum geprägt. Die Böden der Aufenthaltsräume sind mit massiven Eichenholz-dielen ausgelegt. Die Küchenbereich und die Nassräume sind mit braungrauen großformatigen Feinstein-zeugfliesen ausgestattet. Die Lagerräume im Keller haben auf dem Estrich eine graue Industriebeschichtung erhalten. Der eingestellte zweigeschossige Kubus im Dielenbereich sowie die Kaminwand sind in Sichtbeton mit einer Rauhspundschalung erstellt worden. Alle übrigen Innenwände sind als Ziegelwände mit Kalkzementputz hergestellt. Alle Decken sind massive Stahlbetondecken, die gespachtelt wurden. Im Außen-bereich sind die Untersichten der Decken in gleicher Art wie die Fassaden mit Ziegeln verblendet worden. Um die Fassadeneinschnitte deutlich herauszuarbeiten sind die Öffnungen mit anthrazitfarbenen Metall-blechen verkleidet. Als Sonnenschutz dienen fassadenintegrierte Sunscreen-Rollos in Kombination mit einer grünlichen Sonnenschutzverglasung.

Alle Einbauschränke und Massivholzmöbel der Kinderzimmer sind Entwürfe des Architekten. Auch die Waschtische mit deren Unterschränken wurden aus Mineralwerkstoff nach Architektenplanung speziell für dieses Projekt gefertigt.

Da das natürliche und künstliche Licht im Atelier Nieberg als integratives Entwurfselement gesehen wird, ist die Lichtplanung Bestandteil der Architektenplanung. Die Ausformung der Gebäudekubatur erzeugt mit ihren Vor- und Rücksprungen eine interessante und abwechslungsreiche Schattenwirkung. Die rauhe Ziegel-oberfläche unterstützt die Reliefwirkung und bildet besonders im Streiflicht eine gesteigerte haptische Qualität. Für die atmospärischen Stimmungen bei Dunkelheit wird überwiegend mit einer akzentuierenden Beleuchtung gearbeitet. Bei den künstlichen Beleuchtungen wird auf eine für das menschliche Auge angenehme Entblendung besonderen Wert gelegt. In vielen Bereichen werden durch indirekte Linienleuchte wohnliche Atmosphären geschaffen. Die ausgewählten warmen Lichtfarben in Verbindung mit dimmbaren Intensitäten unterstützen den wohnlichen Charakter zusätzlich. Bei den indirekten Linienleuchten sind stellenweise zusätzliche Farbfilter eingesetzt, um die Lichtfarbe noch zu verbessern. Als Leuchtmittel werden ausschließlich effiziente LED’s benutzt.

Bei der Gestaltung der Außenanlagen wird klar zwischen den bestehenden Pflanzungen und den Neuanlegungen unterschieden. Der alte Baumbestand und Wildwuchs des Waldbodens wurde erhalten. Die neuen Rasenflächen sind klar abgegrenzt und als neue Pflanzungen ablesbar. Auch die Hainbuchenhecke zum Nachbargrundstück ist durch ihre Gradlinigkeit als neues Pflanzelement erkennbar. Die Ausblicke aus dem Gebäude sind durch die Positionierung von Ahornen als intensive Herbstfärber akzentuiert.

Die langgestreckte Auffahrt wurde mit einem anthrazitfarbenem Ökopflaster mit Splittfüllung als nicht versiegelte Fläche ausgebildet. Der Garagenvorplatz ist mit großformatigen Sichtbetonplatten ebenfalls in der Farbe anthrazit gepflastert. Die Farbwahl nimmt den Kontrast zwischen Boden und Gebäude beim Heraufschreiten der Auffahrt zurück. Durch die Angleichung wird die Größe der Freifläche optisch minimiert.