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AAg LoebnerSchäferWeber

TANKTURM

Ort
Heidelberg
Umbau zum Kulturort in der Heidelberger Bahnstadt
 
Ausgehend vom Bauwerk führt der entwerferische Prozess zu einem Kulturort, dessen Potential im Zusammenspiel von authentischem Charme eines Eisenbahngebäudes und dem feinsinnigen Umbau einer zeitgenössischen kreativen Arbeitswelt besteht.
Im Ostflügel befinden sich die Büroräume der Architekten, im westlichen Gebäudeflügel hat der Heidelberger Verein für zeitgenössische Musik KlangForum als Mieter seine Geschäftsstelle und Proberäume eingerichtet. Unter der Marke TANKTURM stehen die Räumlichkeiten auch für kulturelle Veranstaltungen und Tagungen zur Verfügung. Zudem finden zeitge-nössische Ausdrucksformen der bildenden Künste, der Literatur, der Musik, aus Theater und Tanz und ihre Cross-Over-Formate im Tankturm Plattform und Bühne.
Sensible prägnante Eingriffe bestimmen den denkmalgerechten Umgang mit dem Gebäude. Die markante Figur und das Sichtmauerwerk der Außenhülle bleiben unberührt, ebenso die bestehenden durchgehenden Werksteinsockel und Fensterbänke. Die Dachkonstruktion wird als Sichtkonstruktion erhalten. Das Dach wird mit einer Aufsparrendämmung gedämmt und neu denkmalgerecht eingedeckt. Am Gesims wird mit einer Zwischensparrendämmung gearbeitet, wodurch an der Schnittstelle beider Konstruktionen ein schmales durchgehendes Fensterband entsteht und das Dachgeschoss belichtet.
Der Wassertank bleibt als strukturbildendes historisches Zeugnis erhalten. Zur Ermöglichung der Tages-lichtzufuhr und zur Verbreiterung des Raumes wurde der Tank horizontal über ein Drittel seiner Breite aufgesägt. Das Einbringen einer Stahlplattform um den Treppenaustritt herum und ein Kamin lassen den Tank zu einer atmosphärischen Lounge werden.
Das zentrale Treppenhaus erschließt alle Geschosse, ein Aufzug gewährleistet die Barrierefreiheit. In den Turmgeschossen verbindet eine als Plastik wirkende Stahltreppe die verschiedenen von der industriellen Betonkonstruktion geprägten Räume. Ein Steg durch den hohen Turmraum Kathedrale macht diesen in allen Dimensionen nutzbar und die Höhe und Struktur erlebbar.
In den Bürobereichen im Ostflügel verbinden Lufträume die Geschosse vertikal über alle Ebenen, wobei das Dachgeschoss wie ein Floß auf den alten Holzbalken liegt. Dieses Verbindende findet sich als optische horizontale Durchlässigkeit durch Glas in den Seminarräumen im Westflügel wieder.
Die Möblierung in den Bürobereichen ist klar und reduziert ausgebildet. Beispielsweise dient ein weißes Hängeregal aus gekanteten Stahlblechen als Stau-raum und Raumteiler. So ist das neu Eingebrachte in der bestehenden Hülle ablesbar. In den Gebäudeflügeln geben neue von innen eingesetzte Kastenfenster den Blick auf die historischen Fenster und Leibungen frei.
Neu in den Turm eingeschobene Fluchtbalkone und ein Schaufenster zum Saal im Erdgeschoss machen als weithin wahrnehmbare Eingriffe das Innenräumliche sichtbar.
Der zeitgenössische Umgang mit der herben Ziegelästhetik transferiert dieses Industriedenkmal ins 21. Jahrhundert und rückt es als authentischen Kulturort in den Fokus der Öffentlichkeit.

Im ehemaligen Bahnwasserturm wurden von 1928 bis in die siebziger Jahre Dampflokomotiven mit Wasser versorgt. Das 400 Meter westlich gelegene Bahnbetriebswerk datiert aus der gleichen Zeit. Im Tank fanden 330 Kubikmeter Wasser Platz. Die beiden Seitenschiffe wurden als Schulungsräume und Werkstatt genutzt. Das Bauwerk zählt zu den wenigen erhaltenen Denkmalen der Industriekultur der Heidelberger Bahnstadt.

Die Bahnstadt ist eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in ganz Deutschland. Hier entsteht der 15. Stadtteil von Heidelberg. Es werden Wohnungen für rund 5.000 Menschen sowie vor allem wissenschaftsbasierte Einrichtungen und Forschungs- und andere Unternehmen gebaut. Sämtliche Gebäude werden im Passivhaus-Standard errichtet. Somit entsteht mit der Bahnstadt die größte Passivhaus-Siedlung weltweit. Der neue Stadtteil wird mit einer Fläche von etwa 116 Hektar größer sein als die Heidelberger Altstadt.
Der Tankturm, das neue Kultur- und Veranstaltungszentrum in der nordwestlichen Bahnstadt, nimmt als eines der wenigen erhaltenen Industriedenkmale und Landmarke für die neue Bahnstadt eine wichtige Identifikationsaufgabe wahr. Über die Eppelheimer Straße hinweg ist der Turm Blickpunkt der Achse von der Eppelheimer Terrasse aus.

Bauherr
Wasserturm Grundstücksverwaltungs GbR

Architekten
AAg LoebnerSchäferWeber BDA
Freie Architekten GmbH

Fotos
Thomas Ott

Ort
Eppelheimer Straße 46
69115 Heidelberg

Baujahr
1925-1928/2014-2015

Höhe
30 m